Das weißt Du doch selber ganz genau, daß auch römische Legionäre Eigeninitiative ergriffen, z.B. als die Parther Antonius Marschkolonne angriffen und diese unter schweren Beschuß nahmen, ordneten sich die Legionäre selbständig und ohne komplizierte Befehle der Offiziere zu einer schützenden testudo.
Es gibt in der Tat einige Beschreibungen, wie römische Soldaten und Offiziere selbstständig auf bestimmte Sitationen reagierten.
Mal aber abgesehen davon, das du nun mehrfach unterstellst das JEDER Römer IMMER gleich reagiert ignorierst du zwei wichtige Voraussetzungen.
1. Die beschriebenen Vorfälle, etwa auch die Nervierschlacht, beschreiben uns wie wohlgeordnete Truppen, mit Feindkontakt rechnend, im Verbund angegriffen werden und darauf defensiv reagieren, z.B. durch Formationsveränderung.
Das sich die Truppen in Kalkriese in einem solchen Zustand befanden ist weder erwiesen noch zwingend.
2. Sie reagierten i.d.R. defensiv. Formationsveränderung, die der Abwehr eines vorgetragenen Angriffes dienen oder dem Schutz vor Beschuß usw.
Initiative, wie etwa die Aktion gegen die feindlichen Geschütze in Caesars Bürgerkrieg ist selten, keinesfalls "normal" wie die Berichterstatter auch klar machen und geschieht m.W. (ich behaupte nicht einen absoluten Überblick zu haben) nicht aus einer Panikhaltung oder extremer Bedrängung.
Cherusker schrieb:
Aber römische Pioniertruppen hätten diese Hindernisse beseitigt. Auch wäre dann dem Varus auch ein Lichtlein aufgegangen, daß hier wohl etwas oberfaul ist und ein größerer Angriff zu erwarten sei. Die Vorhut hätte solche Hindernisse umgehend gemeldet.
Das ist eine falsche Darstellung, genauso wie du wieder die anderen dazu zitierten Quellenstellen anders interpretierst.
Schon Connolly führt in seinem Kinderbuch "Die römische Armee" aus, dass die Pionierarbeiten unter Waffenbedeckung stattfinden, d.h. das im Vorfeld Posten aufgestellt werden. Das weißt du auch, denn du hast zu oft auf die Caecina - Pontes Longi - Stelle bei Tacitus verwiesen, wenn die Posten angegriffen werden.
Dieses Vorfeld müßte in Kalkriese dann erst erstritten werden, was wegen der Hindernisse nicht geht, hier beißt sich also die Katze in den... nunja.
Werden diese Einheiten angegriffen werden die Arbeiten eingestellt, diese Pioniereinheiten sind keine immunes, schon gar nicht im Sinne der Kampfbefreiung.
Cherusker schrieb:
Und ich gehe davon aus, daß die Römer aus vorherigen Erfahrungen gelernt haben. So wird in vielen Berichten immer vorangegangene Schlachten erwähnt, sodaß der römische Leser sich gleich ein Bild vom Schlachtablauf machen konnte.
Wenn die Römer aus jedem jemals gemachten Fehler, jeder jemals geschilderten Schlachtsituation die richtige Lehre gezogen und jedem römischen Feldherr die richtige Reaktion vermittelt hätten, hätte es wohl nach kurzer Zeit logischerweise nie wieder eine militärische Niederlage gegeben. Feldherren werden nicht "ausgebildet" sondern lernen durch die Anwesenheit in einem contubernium (gemeint ist nicht die mannschaftliche Zeltgemeinschaft sondern die Anwesenheit bei Feldzügen von Bekannten und Verwandten) sowie ihre eigenen Karriere und Erfahrung in der Armee. Darum spricht man im Zusammenhang mit den Primipilares auch von der Stütze eines Legaten. Das zwingt ihn aber nicht auf sie zu hören...
Die Schilderungen und Vergleiche anderer Schlachten und Situation dient dann den literarisch interessierten Schriftstellern der Antike wie ihren Lesern i.d.R. nicht dazu, Wissen über Taktik zu vermitteln, sondern eben etwas von ihnen gewünschtes herauszustreichen oder überhaupt erst darzustellen.
Da der Tumulus für dich eine Erfindung des Tacitus ist, dann ist die Varusschlacht wohl auch eine Erfindung .
Jeder Autor über die Varusschlacht , nimmt die Ausführungen bzw, die Anmerkungen antiker Schriftsteller oder Historiker für bare Münze.
Mal abgesehen von dem unmöglichen Tonfall:
Jeder Historiker, auch und gerade die mit der Varusschlacht beschäftigten, nimmt eben die Schilderungen in Quellen erstmal nicht als "bare Münze", sondern beschäftigt sich auch mit dem Hintergrund. Würde man gerade Tacitus stets für bare Münze nehmen, käme ein verzerrtes Bild heraus, welches pauschalisierend die Römer als dekandente Zivilisation und die Germanen als barbarische Unverdorbenheit charakterisiert...
Zudem war ich es, der Zweifel geäußert hatte, und zwar an den Forderung eines "der Pietät entsprechenden Tumulus". Dies würde uns zur herrschenden Bestattungssitte im Zusammenhang mit den in der Archäologie so bezeichneten tumuli bringen, was wiederum abstrakte Anforderungen aufstellte... aber diese Diskussion hatten wir an anderer Stelle eigentlich zur genüge ausgebreitet.