Nach meiner Einschätzung verbirgt sich hier noch spannendes Potential.
Worauf beziehst Du das?
Ich fasse mal zusammen: es ging im Ausgangspunkt um die Wirkung der französischen Luftstreitkräfte, von da im Detail zur Wirkung der D-520.
Die Zahlen (4300+ Flugzeuge am 10.5.1940 sowie 3000+ bei Waffenstillstand alle Typen) stehen wohl als Basis fest. Über die Schließung der Lücke Mai/Waffenstillstand (Abschüsse, Bodenverluste, Unfälle, Ausmusterungen) lässt sich sicher in Grenzen streiten.
Bei den Qualitäten – Flugzeugmuster – für den entscheidenden Zeitraum im Mai 1940 ist auf frz. Seite für die ganz überwiegende Masse bis auf geringe Stückzahlen (zB 36 D-520) eine Unterlegenheit unbestritten. Die Verteilung des Typs MS406, rd. 20% der gesamten frz. Luftstreitkräfte, und die Umschulung der MS406/Hawk-Gruppen auf die D-520 zeigen, dass die frz. Luftwaffe durchaus versucht hat, der deutschen Luftwaffe wirksam entgegen zu treten.
Die „Aufstellungsthese“ – Rückhaltung wesentlicher Verbände in Südfrankreich – ist unbewiesen, am Beispiel der ausgelieferten und verwendeten MS406, Curtiss und D-520 nicht haltbar. Einige Rückverlegungen Mitte Mai 1940 haben nach der Speidel-Studie in der Beobachtung der Luftwaffe ihrer Ursache in einer „disruption“ der Bodenorganisation (Butler) und Verlusten nach den strategischen Angriffen (speziell Luftflotten 2 und 3) in den ersten 3 Tagen ("Chaosthese"). Das lässt sich durch die Ereignisse vom 10.-12.5.1940 und die Angriffswirkungen belegen. Speidel geht in seiner Studie von rd. 1600 Flugzeugen aus, die während des Feldzuges bis Anfang Juni 1940 am Boden zerstört worden sind (Zwischenbericht OKW vom 4.6.1940). Darin sind die NL/BEL-Bestände enthalten, also überschlägig 300-400. In der Zusammenfassung wird die besondere Aktivität der alliierten Jäger während der ersten Tage betont, die es im Ganzen erreicht haben, sich dem Überraschungsangriff zu entziehen (Speidel II, S. 75).
Die „Verzögerungsthese“ für Auslieferung wurde am Beispiel der D-520 untersucht. Augenzeugen berichten also große Mengen an nicht „ausgelieferten“ Flugzeugen in Werken. Eine Untersuchung zur frz. Flugzeugrüstung schiebt Produktionsprobleme (bis Mai/Juni 1940) dagegen der Zulieferindustrie nach der Ende der Dreißiger vollzogenen Dezentralisierung zu. Nicht ausgelieferte Bestände haben im Juni 1940 eine Lagerreichweite von 6-8 Tagen (60-80 Stück), das ist in der Rüstungsproduktion vernachlässigbar bzw. eher gering. Die Dauer der Umschulungen ist an den Typen-Umstellungen der Gruppen zu sehen, die mit 4/5 im laufenden Einsatz erfolgte. Die These „6:1“ Flugzeuge/Piloten ist an den abgenommenen Flugzeugen/produzierten und eingesetzten D-520 nicht belegbar. „Produktion“ ist zudem ungleich Auslieferung (Endkontrolle, Bestückung, s.o. Beitrag von Repo). Die These von den Nichtabnahmen/unterbliebenen Auslieferungen ist an der tatsächlich aufgestellten D-520 Gruppen nicht belegbar. Im Übrigen besitzt das Muster D-520 mangels Masse bis zum Abschluss der ersten Phase des Frankreichfeldzuges keine Bedeutung, somit auch nicht für die Wirkungskraft/Nichtwirkung der französischen Luftwaffe. Die Masse der Verluste an D-520 ist weniger auf Abschüsse, sondern auf deren Handhabung und damit mangelndes Training zurückzuführen.
Zu untersuchen wäre der verspätete Großserienanlauf im Mai 1940 (bis dahin rd. 100 Stück, danach ca. 300 Stück). Entwicklungsprobleme bis Ende 1939, Zulieferer, Fertigung der Produktionslinien, Mangel an Werkzeugmaschinen, Schulungen, Planaufbau der Flugzeugrüstung bis Sommer 1941?
Wo möchtest Du zum Thema einhaken?
Noch ein Hinweis zur Literatur, auch etwas zur D-520:
Glaß, Bettina Der lange Schatten der Rüstung: Die Entwicklung der Luftfahrtindustrie im Raum Toulouse von der Mitte der 1930er Jahre bis 1970