Muss die römisch-germanische Geschichte umgeschrieben werden?

Wenn wirklich nur die Metallstücke aus den Boden geborgen wurden, ist der Befund für diese Stellen arg beschädigt oder zumindest gestört.

Ich kann es einerseits verstehen, dass man Raubgräbern zuvorkommen möchte und ihnen die Motivation rauben will, aber andereseits ist die wissenschaftliche Auswertung doch dadurch stark beeinträchtigt. Vor allem wenn man wirklich meint, Stellungen erkennen zu können.

Zu dem Stellungsproblem noch mein Gedankengang: Kann es denn nicht einfach eine Ansamlung von Schußgerät sein. Entweder unbrauchbar geworden oder anderweitig angehäuft, wie es sich z.B. auch in Dura in Verschüttungen findet?
 
Ich persönlich vermute ja, dass es sich um Germanen in römischer Ausrüstung gehandelt hat, die gegen als Germanen verkleidete Römer gekämpft haben.
Natürlich kann es auch genau andersrum gewesen sein...

Übrigens - die Fundstücke sehen alles andere als unbrauchbar aus.
 
Sie sehen auch alle sofort brauchbar aus: vor allem die Holzschäfte scheinen noch in einem atemberaubenden Zustand zu sein!
 
Das wird wohl das Problem gewesen sein - Holzschäfte vergammelt und kein Nachschub aus Afrika möglich. Egal, Pfeile hätten im Wald ja eh nicht viel gebracht.
 
El Quijote

Was Deine Caracalla-These angeht: Ich habe keineswegs einen Überblick über die Quellenlage. Herodian beschreibt Caracallas Aufenthalt an der Donau jedoch eher als "Urlaubsvergnügen": Wagenrennen und nur selten Gerichtsverhandlungen. Mit den Germanen schließt er demnach Allianzen und stellt sich eine germanische Leibwache zusammen, kleidet sich germanisch.
Wenn ich mich nicht irre, zitiert hier Herodian den Cassius Dio. Cassius Dio wiederum muss - trotz seiner beißenden Kritik an Caracalla - immerhin einräumen:
dass germanische Stämme bis zur Elbemündung beim Kaiser um Freundschaft baten

Das 3. Jahrhundert ist nicht gerade mein Spezialgebiet. Deshalb bin ich da auch schwachbrüstig.

Honorarprofessor Dietwulf Baatz schreibt in einem Beitrag für das Buch "Die Römer in Hessen" zu dem Caracalla-Feldzug von 213:

Er zog das größte Heeresaufgebot zusammen, dass seit den Chattenkriegs Domitians an der germanischen Grenze eingesetzt worden ist ... Anfang August 213 überschritt die Armee die Nordgrenze Rätiens. Zur gleichen Zeit dürfte eine andere Heeressäule von Mainz aus gegen die Chatten marschiert sein ..

Auf welche Quelle sich Professor Baatz stützt, geht aus dem Kapitel nicht hervor. Er gibt hier lediglich vier Bücher aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts an.
 
Ave Zusammen,

El Quijote schrieb:
...Mir ist noch nicht ganz klar, inwiefern Du die möglichen Marschleistungen nun neu bewertet sehen willst. Die räumliche Entfernung von den Grenzen sagt uns doch nichts über die Geschwindigkeit aus...

Die Entfernung sagt indirekt etwas aus. Bei Marschleistungen im Feindgebiet um die 30 km täglich (wie auch durch die Junkelmannversuche bestätigt) erreicht man die Stelle in 10 Tagen. Bei weniger als 5 km täglich, wie manche ernsthaft für Kalkriese behaupten, bräuchte man aber 60 Tage.

Der Unterscheid ist gewaltig, es ist klar das man für die beiden Fälle völlig andere Dimensionen der Logistik braucht. Nehmen wir mal die 1000 km, also 33 Tage oder 200 Tage, dass sind zwei ganz andere Feldzüge. Bei dem einen ist man nach gut einem Monat zurück, bei dem zweiten braucht man wegen der nötigen Erholungspausen und der grossen Versorgungsprobleme rund ein Jahr.

Und daher der Vergleich mit Kalkriese: In den vier Tagen der Schlacht nach Cass. Dio konnte das Varusheer theoretisch locker 120 km zurücklegen, unter den schlechten Bedingungen sind es vielleicht die Hälfte, gut 60 km. Dass sind also die Dimensionen, wo man nach weiteren Relikten der Varusschlacht suchen muss.

flavius-sterius schrieb:
... Anfang August 213 überschritt die Armee die Nordgrenze Rätiens. Zur gleichen Zeit dürfte eine andere Heeressäule von Mainz aus gegen die Chatten marschiert sein .. Professor Baatz ...

Yep, von Caracalla bis Postumus sehe ich auch noch so einige Möglichkeiten. Total spannend, was da noch an Informationen kommen mag. Denn diese Aktionen zielten ja offensichtlich auf das zentrale mittelgermanische Gebiet, indem ursprünglich die Cherusker sassen. In der Zeit nach dem Tod des Arminius hatte es einige Versuche gegeben, eine Renaissance römischer Herrschaft in Germanien zu erreichen. Der letzte Versuch fand unter Domitian in 83 n.Chr. statt. Domitian kämpfte mit den Chatten in der Wetterauregion. Man kam zu einem Frieden und Domitian begann mit dem Aufbau des Limes. Den Chatten gab er darüber hinaus freie Hand gegen die Cherusker. Von den ehemals befreundeten Chatten wurden die Cherusker bzw. das, was von ihnen noch übrig war, Mitte der 80er Jahre endgültig aufgerieben. Der letzte machtlose König Chariomerus wurde um das Jahr 88 n. Chr. von den Chatten vertrieben und rief Kaiser Domitian vergeblich um Hilfe an.

Dann beginnt das dunkle 2. Jhd., wo wir über die Vorgänge in diesem Gebiet aus römischen Quellen nichts mehr erfahren. Erst in der ersten Hälfte des 3. Jhdt. machen die neu gegründeten Stammesbünde der Franken und Alemannen auf sich aufmerksam, da sie nach Gallien zu Plünderungen ausrücken. Was ist da in der Zwischenzeit geschehen?

Offensichtlich sind ja die benachbarten Stämme, u.a. Langobarden, Semnonen, Hermunduren, Chatten, Sugambrer, Angrivarier, Marser, Brukterer und Chauken in das vakante Herrschaftsgebiet der Cherusker eingeströmt. Danach müssen da ja wenigstens zwei grosse Führungspersönlichkeiten gewesen sein, die dort die neuen übergreifenden Stammesbünde der Franken und Alemannen, wohl nach dem Vorbild der gescheiterten Könige Arminius und Marbod, herbeiführen konnten. Es wäre jetzt hochinteressant, wenn die Archäologie neues Licht auf diese vergessenen Vorgänge werfen könnte.


Beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo Ihr Lieben,

gestern nun fand in Osnabrück der sehr interessante Vortrag von Dr. Frank Berger über „Römisches Geld in Nordwestdeutschland“ statt.
Berger ging auf die im FMRD verzeichneten Fundmünzen ein und erläuterte anhand von Kartenmaterial die derzeitige Fundsituation.

Den literarischen römischen Quellen steht Berger grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber. Gerade Kalkriese habe seiner Ansicht nach gezeigt, dass man der Schilderung der Varusschlacht als dreitägiges Ereignis (Cassius Dio) kaum noch Glauben schenken darf. In Anbetracht fehlender archäologischer Nachweise geht er sogar so weit, die von Tacitus beschriebenen großen militärischen Auseinandersetzungen im Zuge der Germanicusfeldzüge gänzlich anzuzweifeln und als bloße Propaganda zu entlarven, die der Ehrenrettung Roms nach der Varusniederlage dienen sollte.

Selbstverständlich ging er auch auf das neue Schlachtfeld auf dem Harzhorn bei Wiershausen ein. Hier habe in den vergangenen Monaten eine sehr intensive Prospektion stattgefunden, die allerdings nur zwei Münzen zutage förderte. Die erste war ein As, dessen schlechter Erhaltungszustand eine Bestimmung unmöglich macht. Die zweite ist die bereits erwähnte Kupfermünze des Commodus, die den tpq möglicherweise auf 180 n.Chr. zulässt. Da am Harzhorn allerdings eine wichtige Kommunikationslinie verlief, bestünde auch die Möglichkeit, dass diese Münze später in den Boden gelangte und somit nicht in den übrigen militärischen Fundkomplex gehört. Man müsse nun auf weitere Münzfunde hoffen, die unter Umständen eine präzisere Aussage zur Datierung zulassen.

Dr. Moosbauer, der sowohl in Kalkriese als auch Wiershausen beteiligt ist, betonte, dass die Fundspektren beider Schlachtfelder grundsätzlich verschieden seien. In Kalkriese traten viele Fragmente, Kleinteile und Münzen auf, in Wiershausen dagegen überwiegend Waffen. In Kalkriese habe ein Defilé-Gefecht stattgefunden, in Wiershausen versuchte ein römischer Heeresverband eine von Germanen besetzte Bergkuppe zu passieren. In Kalkriese sei durch jahrhundertelange landwirtschaftliche Nutzung des Areals nichts mehr an seinem Platz, während in Wiershausen der Waldboden weitgehend ungestört und der Schlachtverlauf erstaunlich präzise rekonstruierbar sei.
Moosbauer hob abschließend hervor, dass man in Wiershausen viel von Kalkriese lernen könne.
Eine Verbindung des Fundortes Wiershausen zu einem bestimmten historischen Ereignis sei noch verfrüht. Man könne sich eher vorstellen, dass diese Schlacht keinerlei literarische Erwähnung erfuhr und deshalb für immer anonym bleibt.

Bergers Fazit:
Anhand der o.g. Fundkarten lassen sich mittlerweile sehr deutlich die Kommunikationslinien erkennen, die von der Präsenz römischen Militärs zwischen Rhein und Elbe zeugen.
Wo man eine römische Münze findet, da seien erfahrungsgemäß weitere zu entdecken und nicht selten werde dadurch ein ehemaliger römischer Standort aufgespürt.

LG Nicole
 
Ave Nicole,

vielen Dank für die interessante Nachricht.

Nicole schrieb:
gestern nun fand in Osnabrück der sehr interessante Vortrag von Dr. Frank Berger über „Römisches Geld in Nordwestdeutschland“ statt.

Gibts den Vortrag auch im Web? Würde mich interessieren.


Mit so einigen Details gehe ich aber nicht konform:

Nicole schrieb:
...Den literarischen römischen Quellen steht Berger grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber. Gerade Kalkriese habe seiner Ansicht nach gezeigt, dass man der Schilderung der Varusschlacht als dreitägiges Ereignis (Cassius Dio) kaum noch Glauben schenken darf. ...

Erstmal spricht Cassius Dio von vier und nicht von drei Tagen. Cass. Dio 56,21,3.:"Als der vierte Tag graute, befanden sie sich immer noch auf dem Marsch, und erneut überfielen sie heftiger Regen und starker Wind, die sie weder weitergehen noch festen Stand finden, ja nicht einmal mehr die Waffen gebrauchen ließen. Sie konnten sich nämlich nicht mehr mit Erfolg ihrer Bogen und Speere oder der ganz und gar durchnäßten Schilde bedienen."

Nicole schrieb:
....In Anbetracht fehlender archäologischer Nachweise geht er sogar so weit, die von Tacitus beschriebenen großen militärischen Auseinandersetzungen im Zuge der Germanicusfeldzüge gänzlich anzuzweifeln und als bloße Propaganda zu entlarven, die der Ehrenrettung Roms nach der Varusniederlage dienen sollte. ...

Woran macht er diese Zweifel fest? Bisher hat die Archäologie immer bestätigen können, das etwa Tacitus und auch Cassius Dio recht korrekt berichten, wenn auch natürlich Quellenkritik immer notwendig ist. So war der Feldzug von 16 für Germanicus die reine Katastrophe, die aber dennoch offiziell als Sieg verkauft werden musste. So erhielt er in 17 ja seinen Triumphzug in Rom. Und kurze Zeit später aber seine faktische Verbannung ins Morgenland, wo er in 19 unter mysteriösen Umständen starb.

Gerade die Ausgrabungen in Minden bestätigen dass wieder. Hier ein Auzug aus dem aktuellen Spiegel vom Montag:

Spiegel, Nr. 51, 15.12.08, Feldherr aus dem Sumpf, Seite 126 ff., hier Seite 131:
"...Für Aufregung sorgt auch eine Grabung an der Porta Westfalica: Münzen, Nägel von Legionärsschuhen und Zeltheringe wurden dort freigelegt. Der Ausgräber Daniel Berenger ist sicher: "Hier haben Tausende von Soldaten campiert". Sein Verdacht: Das Lager könnte ins Umfeld der "Schlacht von Idistaviso" gehören. Bekannt ist, dass Arminius 16 nach Christus an der Weser einen Frontalangriff auf ein Acht-Legionen-Heer wagte. Er entkam knapp..."

Für diese Einschätzung ist auch Berger mit seinen hervorragenden FMRD Werken nicht ganz unschuldig: Auf den gegenüberliegenden Feldern wurden nämlich schon vor langer Zeit frühtiberiansiche Münzen gefunden, die in den Germanicushorizont passen. In Minden-Barkhausen dagegen etliche Keltische Münzen, die etwa auf die batavischen Auxilliaren des Germanicus hinweisen. Hier fand vermutlich die Schlacht am Weserübergang statt. So etwa das berühmte Arminius-Flavus Streitgespräch und der Tod des batavischen Reiterfürsten Chariovalda auf dem gegenüberliegenden Ufer (nach tac. ann.).

Nicole schrieb:
...Die zweite ist die bereits erwähnte Kupfermünze des Commodus, die den tpq möglicherweise auf 180 n.Chr. zulässt. Da am Harzhorn allerdings eine wichtige Kommunikationslinie verlief, bestünde auch die Möglichkeit, dass diese Münze später in den Boden gelangte und somit nicht in den übrigen militärischen Fundkomplex gehört. Man müsse nun auf weitere Münzfunde hoffen, die unter Umständen eine präzisere Aussage zur Datierung zulassen....

Die Datierung ist aber wohl auch durch die unabhängige C14-Analyse eines Speerschaftes gesichert, da lässt sich vermutlich nicht viel dran rütteln.

Nicole schrieb:
Eine Verbindung des Fundortes Wiershausen zu einem bestimmten historischen Ereignis sei noch verfrüht. Man könne sich eher vorstellen, dass diese Schlacht keinerlei literarische Erwähnung erfuhr und deshalb für immer anonym bleibt..

Dem kann man erstmal nur zustimmen. Schaunmermal, auf jedenfall spannend!



Beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo Trajan
Erstmal spricht Cassius Dio von vier und nicht von drei Tagen.

Richtig, Berger sprach nicht von dreitägig sondern mehrtägig. Meine Schuld.


Woran macht er diese Zweifel fest? Bisher hat die Archäologie immer bestätigen können, das etwa Tacitus und auch Cassius Dio recht korrekt berichten, wenn auch natürlich Quellenkritik immer notwendig ist.

Berger hat seine These mit Blick auf gewisse Historiker, die seiner Meinung nach die Quellen allzu wörtlich nehmen (offensichtlich Wolters und Kehne), etwas überspitzt formuliert. Dennoch ist die Aussage klar: So lange keine archäologischen Nachweise der Germanicusfeldzüge vorliegen, können sie grundsätzlich in Zweifel gezogen werden.

Die Datierung ist aber wohl auch durch die unabhängige C14-Analyse eines Speerschaftes gesichert, da lässt sich vermutlich nicht viel dran rütteln.

Stimmt, in dem Fernsehbericht wurde der Vorgang gezeigt. Dr. Moosbauer hat dagegen nichts von einer C14-Datierung erwähnt. Dr. Berger sagte nur, dass man sich sehr viel Mühe gegeben hatte, um in der unkenntlichen Münze ein augusteisches Lugdunum-As zu erkennen. Aber die Bestimmung war einfach unmöglich.
Erst als die zweite Münze hinzutrat, ein eindeutiger Commodus-Sesterz, war die Sache einfacher.


LG
Nicole
 
Mal abwarten wie sich weitere Veröffentlichungen und Pressemeldungen in das Bild einfügen.

Generell möchte ich sagen, dass die Römer sich niemals hinter ihrem Limes verschanzt haben, sondern immer auch das Vorfeld ihrer Grenzen mit ihrer Diplomatie wie ihren Truppen als ihren Operationsraum angesehen haben. Einzig die Tatsache wie tief im Barbaricum das Fundgebiet liegt mag überraschen.

Dass die antike Literatur nichts über größere Gefechte in diesem Raum und zu dieser Zeit berichtet muss ebenfalls nicht verwundern. Wenn das Ereignis in die Zeit der Soldatenkaiser hineinreicht, ist es eine Zeit, in der Usurpatoren wie Kaiser oft deutlich herabgewürdigt oder gelobt werden. Ein Feldzug eines (auch später erst) gescheiterten Thronprätendenten, könnte aus genau diesen Gründen auch mit Absicht der Vergessenheit anheim gestellt worden sein.

Kurz: Vieles ist möglich: Es bleibt abzuwarten - auch wenn es noch so schwer fällt.
 
hallo

mit großem interesse habe ich eure beiträge zum thema gelesen, gehaltvoll zum teil, absolut.
ein paar sachen möchte ich dazu gern beitragen:
- der pressetermin mußte aus verschiedenen gründen so frühzeitig gewählt werden. zum einen wurden in verschiedenen foren die illegalen sondengänger beobachtet, die örtlichkeit des harzhornes wurde immer enger eingekreist. das liegt unter anderem daran, dass die geheimhaltung schlichtweg immer schwieriger wurde. nikole h. hat ja auch einen bekannten im landesamt, der sie aus erster hand mit infos versorgt. irgendwie hat jeder einen freund/in dem/der man im vertrauen...blablabla. zum anderen mußte dafür gesorgt werden, das die bombe nicht zu früh platz und verpufft, jeder in der archäologie weiß, wie wichtig die öffentlichkeit und politik ist, um gelder für forschung loszueisen. um dfg gelder zu bekommen ist ein wenig pressewirbel auch nicht schlecht. fakt ist, der fundort harzhorn ist es alle mal wert nach allen regeln der kunst erforscht zu werden, der wirbel also in meinen augen gerechtfertigt.
- zum metallsondengehen ist zu sagen, dass es keine alternativen gab. auch hier spielen die illegalen sondengänger eine rolle. es wurden bislang aber nur funde geborgen, die im bereich des oberboden lagen, evtl. tiefer liegende befunde sollten nicht gestört werden um bei späteren grabungen noch ein vollständiiges bild zu bekommen. warum die funde so dicht unter der oberfläche liegen? gute frage, bohrraster und sondagen sollen im vorfeld der grabung aufschluß darüber geben. entscheidend für die antwort ist das gelände. kein bericht konnte bislang richtig zeigen, dass das harzhorn wirklich wie eine ost-west verlaufende, steile wand ein sperre bildet. die gezeigten hügel bilden lediglich noch einmal einen kamm. in diesem kammbereich lag einer der zurzeit aufgefunden schwerpunkte des geschehens. fakt ist, alles ist immer noch am anfang, das projekt ist noch sehr jung, da können wirklich täglich neue funde das bild des geschehens ändern.
zu den funden ist zu sagen, das erst ein kleiner teil restauriert wurde, die restaurierung und fundansprache muß über spezialisten laufen, auch das dauert halt.
als römische waffen wurden bislang katapultbolzen unterschiedlicher größe angesprochen, dreiflügelige pfeilspitzen, speerspitzen. außerdem gibt es ein kettenhemdfragment. schwerpunktmäßig also fernwaffen!
bei der fundaufnahme wurde, wann immer möglich, die ausrichtung der funde aufgenommen und fotodokumentiert, ebenso die fundtiefe. die einmessung erfolgt über gps und totalstation um eine cm genaue fundverteilung zu bekommen. die funde werden schnellstmöglich in stickstoff eingeschweißt, um eine weiter korrosion zu verhindern.

ein angeschossener alliierter bomber hat im zweiten weltkrieg seine komplette ladung über dem harzhorn abgeworfen. wie man sich vorstellen kann, ist der gesamte bereich bombensplitterverseucht. alles muß als fund aufgenommen werden, weil man im rostigen zustand oft nicht erkennt, was man da eigendlich in der hand hat. außerdem haben deutsche ss einheiten die strategisch günstige lage des harzhornes ausgenutzt, es findet sich zahlreiche alliierte und deutsche munition dort. der letzte absatz soll deutlich machen, wie mühselig das suchen dort eigendlich ist und "schnell" mal gar nicht geht. auch wieder ein punkt der eine ausreichende finanzierung des projektes wichtig macht.

zur datierung ist zu sagen, das man bei +190 und -250 liegt. da ist zum einen der commodus, dann c14 und der thekenbeschlag.
oft wurde bereits maximinus thrax genannt. fakt ist, das mit allergrößter sicherheit afrikanische truppenteile anwesend waren. entsprechendes wurde ja hier schon angesprochen.

zu klären ist:
- wer war dort vor ort und hat gekämpft (ich schließe mal ein munteres scheibenschießen aus) war es eine stark geschützte gesandtschaft oder ein heer.
- von wo kamen die truppen? aus dem norden(fundlage spricht dafür) und wo wollten sie hin? westlich liegt das leinetal. ein blick bei google earth lohnt sich.
- thema marschlager (irgendwo müssen die sein)
- thema toten, bestattet oder liegengelassen? (wichtig dabei ist auch die frage, ob die römer unter druck weitermarschiert sind und wer "gewonnen" hat)
- klärung des kampfablaufes (ein großes geschehen oder eher mehrere gefechte, waren es flankensicherrungsgefechte für eine große truppe, ein hinterhalt, ein geplanter angriff?)

ganz wichtig(!) ist die topographie des harzhornes. unklar ist noch, wie die ballistae den steilen hang hoch sind, sich in position gebracht haben und auf gegner in vorderhanglage am kamm geschossen haben (ca. 70m entfernt) die bestimmt nicht stehengeblieben sind. in der kammlage sind zwei schwerpunkte festzustellen, einmal eine geschoßdichte von katapultbolzen im vorderhangbereiches des kammes und dann einen bereich mit sandalennägeln, die sich den kamm hoch verteilen, dabei sind noch pfeilspitzen.

wer lust hat, schaue sich das mal vor ort an, es ist wirklich beeindruckend.

für fragen und anregungen bin ich offen, ein cognitives netzwerk bringt einfach mehr und es ist so ziemlich pressemäßig alles raus, so kann ich fragen beantworten (vorher habe ich übrigens den mund gehalten)
 
- der pressetermin mußte aus verschiedenen gründen so frühzeitig gewählt werden. zum einen wurden in verschiedenen foren die illegalen sondengänger beobachtet, die örtlichkeit des harzhornes wurde immer enger eingekreist.

Das stimmt nicht, welche Foren sollen denn das gewesen sein?

Ansonsten plauderst du ganz schön aus dem Nähkästchen.
 
wer lesen kann ist klar im vorteil und nähkästchen ist nicht, in meinem beitrag kann nichts stehen, was nicht aus der den verschiedensten medien zu entnehmen ist. wenn ich ostfalensucher google, verstehe ich natürlich dein interesse gerade an diesem punkt. ist aber offen gesagt nicht das was mich hier interessiert. die beiträge hier sind fundiert, es geht um hintergrundwissen, metallsondensuche interessiert mich hier gar nicht. ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel:cry:
wenn ich das richtig gelesen habe, habt ihr auch schwierigkeiten mit der ausrüstung der römischen soldaten nach 200. soweit ich weiß, bestand die römische präsenz an den grenzen in dieser zeit vorwiegend aus auxiliartruppen. kann man in dieser zeit noch von standardwaffen bei den römern sprechen?
kennt jemand die taktik bei mobilen ballistae? ich habe beschreibungen von marschordnungen, aber mal wieder nicht aus der zeit sondern 100 jahre früher, in der die "artillerie" mit den bogenschützen flankensicherung gaben?
wenn das ganze ein search and destroy feldzug war, wie groß können die truppen zu dieser zeit gewesen sein, wie groß ein heer? ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, das ein kaiser mit 1000 soldaten so weit in feindliches gebiet vordringt.
 
Ersteinmal Danke für die ausführliche Stellungnahme!
kennt jemand die taktik bei mobilen ballistae? ich habe beschreibungen von marschordnungen, aber mal wieder nicht aus der zeit sondern 100 jahre früher, in der die "artillerie" mit den bogenschützen flankensicherung gaben?
Hier suchst Du sicherlich die eierlegende Wolfsmilchsau.
Das meiste ist sicherlich zur Belagerungen zu finden und nicht sehr zeitnah.
Sehr aktuell wäre zumindest Dietwulf Baatz: "Germanen und Katapulte: die nicht angenommen Waffe" von 2007 ISBN3896464256

Das Kenne ich leider nicht konnte aber auch etwas enthalten:
Bauten und Katapulte des römischen Heeres: Dietwulf Baatz: Amazon.de: Bücher

Ansonsten die sicherlich die allgemein bekannten Bücher,der gallische Krieg, Der jüdische Krieg, Strategikon, Vegetius.....

Ich denke allerdings das ein Nachstellen der Begebenheiten vor Ort einiges bringen könnte, natürlich nach Spielplan, anhand der Funde und Erkenntnissen aus dieversen Überlieferungen. Aber mit mir geht wieder die Fantasie durch.
:pfeif:
 
hallo sascha, vielen dank für deinen beitrag mit den literatuhinweisen(!) ist wirklich schwierig das thema in diesem zeithorizont. was die phantasie angeht, nun, die geht wirklich mit einem durch. das durchspielen der situation ist immer wieder spannend, aber es ist ein spiel mit vielen unbekannten, wo fängt man an, wo würdest du anfangen. es wurden mit der kohorte opladen IV (bin mir icht sicher ob das genau ist) beschußtests mit einer ballista vor ort gemacht. beeindruckend (wurde in dem ard bericht gezeigt). was zur zeit fehlt sind einfach die nahkampfhinweise. sinddie waffen eingesammelt worden oder handelt es sich tatsächlich um ein schwerpunktmäßiges ferngefecht. manches können wirklich nur die grabungen bringen, aber zum thema ausrüstung eines legionärs und der germanen aus der zeit, da lassen sich sicher einige fragen klären.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja die „Opladener“ haben da Geräte, wie einige andere Darstellergruppen auch.


Neben den Balisten, verschiedener Gruppen, könnte man halt versuchen, mit Hilfe verschiedener
Vereine oder auch öffentlicher Organe dies geschehen.
Natürlich muss man die Rahmenbedingungen geben.
Interessant ist der Durchzug von Gruppen unter einer Art Feuerschutz.
Klar sind viele unbekannte dabei, aber auch bei einem recht groben Probe ließe sich einiges als unwahrscheinlich einstufen und vielleicht öffnet es neue Wege.
Aber das ganze wäre etwas, wenn die Grabungen abgeschlossen sind und eventuelle Wegverläufe etc nachvollziehbarer sind.
 
Da das Gefechtsgebiet nicht in der Passzone selbst ausgebuddelt wird;
inwieweit kann man Aussagen darüber treffen,
ob man "nur" einen Ausschnitt des Gesamtgeschehens erfasst hat?

FG
 
hallo Askalon,
bei dem Versuch objektiv herauszufinden was abgelaufen ist und wer wo war wirst du einige Probleme bekommen.(Varus!!)
Ein Großteil der römischen Waffenhandhabung liegt noch im Dunkeln.
Fernwaffen mit gerade mal Bogenschützenreichweite wie in Tests dürften da kaum eine Hilfe sein. Ich kann mich irren, aber meines Wissens nach ist auch hier noch kein zufriedenstellendes Ergebnis bekannt.
Nachdem ja jeder weiß wo es liegt(das Schlachtfeld) kann du mal die earth Koordinaten angeben? eventuelle Marschlager dürften ja wohl im Bereich .... Ich will nicht buddeln:) Nur mal von oben schauen.So was hilft manchmal.
Ich empfehle dir auch die folgende Seite: Torsionsfire
Dort bekommst du auch bestimmt Hilfe:)
Top Seite
 
So weit mir bekannt:

Etwa 51°50'01.37'' Nord, 10°06'42.70'' Ost

Gruß
 
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