Warum darf Arminius kein deutscher Held sein?

Ähnliches könnte man zu den "griechischen" Helden der Illias ausführen.

Das ist nicht vergleichbar!

Als Homer u.a. die Ilias schrieben, lag diese große Zeit nur etwa 400 Jahre zurück, denn die mykenische Feudalgesellschaft ging um 1200 v. Chr. unter, lebte danach aber noch etwa 100 Jahre als submykenische Periode weiter. Die griechische Sprache veränderte sich in diesen wenigen Jahrhunderten zwar, doch klafften mykenisches Griechisch und Altgriechisch noch nicht sehr weit auseinander. Die Helden der Ilias waren somit eindeutig griechische Helden!

Der Cherusker Armin hingegen, von dem uns 2000 Jahre trennen, war ein germanischer, keineswegs aber ein "deutscher Held" - und wenn man's genau nimmt, war er ein cheruskischer Held!

Nun aber genug der "Heldenverehrung" - mir wird ganz schwindlig! :D
 
Das ist nicht vergleichbar!

Als Homer u.a. die Ilias schrieben, lag diese große Zeit nur etwa 400 Jahre zurück, denn die mykenische Feudalgesellschaft ging um 1200 v. Chr. unter, lebte danach aber noch etwa 100 Jahre als submykenische Periode weiter. Die griechische Sprache veränderte sich in diesen wenigen Jahrhunderten zwar, doch klafften mykenisches Griechisch und Altgriechisch noch nicht sehr weit auseinander. Die Helden der Ilias waren somit eindeutig griechische Helden!

@ Dieter
so ganz versteh ich das nicht, Griechenland setzte sich aus verschiedenen Stadtstaaten und Stämmen zusammen die wechlselnde Koalitionen bildeten und sich auch untereinander bekriegten,was ist da der Unterschied zu den germanischen Stämmen die es ähnlich oder genauo handhabten
oder einfacher,warum ist ein Athener ein Grieche
aber ein Cherusker kein Germane/Deutscher
Griechenland hieß ja zur Zeit Troyas auch noch nicht Griechenland
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
so ganz versteh ich das nicht, Griechenland setzte sich aus verschiedenen Stadtstaaten und Stämmen zusammen

In Griechenland lebte sowohl zu griechisch-mykenischer als auch altgriechischer Zeit ein griechisches Volk mit griechischer Sprache. Das bedeutet, dass die Helden der Iliias um 1200 v, Chr. auch noch 800 v. Chr, griechische Helden waren.

Das deutsche Volk entstand seit etwa dem 9./10. Jh. Der 2000 Jahre zuvor lebende Arminius war jedoch ein Germane mit germanischer Sprache und somit kein "deutscher Held". Der hätte er erst nach dem 10. Jh. - also nach der Entstehung des deutschen Volks - sein können.
 
In Griechenland lebte sowohl zu Griechisch-mykenischer als auch altgriechischer Zeit ein griechisches Volk mit griechischer Sprache. Das bedeutet, dass die Helden der Iliias um 1200 v, Chr. auch noch 800 v. Chr, griechische Helden waren.

Das deutsche Volk entstand seit etwa dem 9./10. Jh. Der 2000 Jahre zuvor lebende Arminius war jedoch ein Germane mit germanischer Sprache und somit kein "deutscher Held". Der hätte er erst nach dem 10. Jh. - also nach der Entstehung des deutschen Volks - sein können.

soweit kann ich dir ja folgen
meine Frage ist sahen sich die Athener,Spartaner usw schon als griechen oder doch ehr als Athener usw
es waren doch zu der Zeit noch unabhänige "Fürstentümer" und Stadtstaaten
die eine gemeinsame oder sehr ähnliche Kultur und Götterwelt hatten
das Gleiche gilt auch für die Germanen,somit könnte man die Griechen die Nachfahren der Hellenen und die Deutschen die Nachfahren der Germanen nennen
 
soweit kann ich dir ja folgen
meine Frage ist sahen sich die Athener,Spartaner usw schon als griechen oder doch ehr als Athener usw

Sie waren nach allen völkerrechtlichen Maßstäben Griechen, da sie eine griechische Sprache, griechische Kultur und gemeinsame griechische Geschichte besaßen, auch wenn sich aus verschiedenen Gründen kein "griechisches Reich" gebildet hatte.

Auch die Deutschen waren Deutsche, obwohl sie im Herzogtum Sachsen-Coburg, in der Landgrafschaft Hessen-Kassel, in der Markgrafschaft Brandenburg, der Freien Reichsstadt Hamburg, dem Fürstentum Waldeck oder dem Fürstbistum Regensburg lebten und sich zuweilen mehr als Baiern oder Sachsen, denn als Deutsche empfanden.
 
Deswegen habe ich "deutsche Vorgeschichte" geschrieben, das wird man angesichts der sprachlichen, kulturellen und geographischen Kontinuität nicht abstreiten können.
Es gibt nun mal wenn man der Vorgeschichte in unserem Raum ausgeht keine sprachliche, kulturelle Kontinuität bis heute.
Eine kulturelle Kontinuität kann man m.E ab dem Hochmittelalter wahrscheinlich machen, das gleiche gilt für die sprachliche Kontinuität.
Um es mal überspitzt zu formulieren, die Germanischen Stämme der frühen römischen Kaiserzeit haben mit denen der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters wenig gemein.
Dazwischen liegen viele Prozesse des Austausches mit Römern, Übernahme von Sitten z.B., im Grabbrauch (Mitgabe einer Münze im Mund bei den germ. Fürstengräbern z.b. Gommern),die sog. Barbariserung des röm. Militärs und vieles mehr.

Für die Chinesen ist Konfuzius selbstverständlich ein chinesischer Philosoph,
Nunja die chinesiche Geschichte hat eben kulturhistorisch gesehen ein wesentlich längere Traditionslinie als unsere von daher ist wie das Äpfel und Birnen zu vergleichen.
 
Um es mal überspitzt zu formulieren, die Germanischen Stämme der frühen römischen Kaiserzeit haben mit denen der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters wenig gemein.

Das hast du freundlich formuliert, denn man muss sagen, dass die Germanenreiche und -stämme der Völkerwanderung wirklich gar nichts mehr mit den rechtsrheinischen germanischen Stämmen zu tun hatten.

Was sich da zur Zeit der Völkerwanderung bewegte, waren multinationale Volkskörper, die auf ihrer Wanderung zahlreiche Splitter anderer Germanenstämme sowie zum Teil ganz andere Ethnien aufgenommen hatten - man denke nur an die iranischen Alanen, die im Verbund mit den Wandalen nach Nordafrika zogen, wonach sich der Wandalenkönig rex vandalorum et alanorum nannte.

Es gab bei diesen Stämmen der germanischen Völkerwanderung lediglich noch einen so genannten "Traditionskern", der die Herrschersippe und den Namen hergab - alles andere erlebte einen bunten Verschmelzungsprozess.
 
@ den alten Gallier
ich glaube du weißt trotz deiner Anmerkung was der alte Chatte damit ausdrüchen wollte:winke:

Ja, aber ich wollte Dir widersprechen ;). Dann eben anders:

Der alte Gallier war eben kein Franzose. Deswegen finde ich „Held der Franzosen“ nicht passend. Wenn schon, dann Held der Gallier oder Held der Kelten; aber die gibt es ja nu mal nicht mehr.
 
In Griechenland lebte sowohl zu griechisch-mykenischer als auch altgriechischer Zeit ein griechisches Volk mit griechischer Sprache. Das bedeutet, dass die Helden der Iliias um 1200 v, Chr. auch noch 800 v. Chr, griechische Helden waren.
Ja, das ist so weit bekannt, aber der springende Punkt ist doch der, ob die Helden der Ilias Griechen im modernen Sinne sind. Erst an der Stelle kommt es nämlich zu einem Kontinuitätsproblem, wie es dem von Germanen und Deutschen gleicht. Haben den die heutigen Griechen wirklich mehr mit ihren antiken Namensvetter als Deutsche und Germanen gemein?
So beteiligten sich an der Ethnogenese der heutigen Griechen ein zahlenmäßig bedeutender Anteil slawischer und romanischen Bevölkerungsgruppen, genau wie es bei den Deutschen auch der Fall ist.
Ebenso waren die "Germanen" ein germanisches Volk mit germanischer Sprache. Ähnliches wie die Panhellinischen Heiligtümer gab es bei den Germanen laut antiker Überlieferung auch.
Der wunde Punkt bleibt der Name. (Im Mittelalter betrachten sich übrigens viele Griechen als Romii, also als Römer besser Byzantiner.) Wäre den deutschen Nationalisten die Antikenrezeption zu Kopf gestiegen, so hätte es vielleicht im 19. Jahrhundert plötzlich ein Germanisches Reich gegeben. Im Grunde sehr inkonsequent diese Germanentümelei, ganz anders als die Zeitgenossen die Staaten ganz antik Griechenland, Belgien oder gar Illyrien tauften. Zumindest in englischer heißt es ganz antik Germans. Die kleine Kontinuitätslücke von 2000 Jahren scheint mir da kaum gewagter als bei anderen europäischen Beispielen nationaler Mythen.
Im übrigen gibt es bei den germanischen Stämmen eine auffällige Konstante: Sueben - Schwaben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der alte Gallier war eben kein Franzose. Deswegen finde ich „Held der Franzosen“ nicht passend. Wenn schon, dann Held der Gallier oder Held der Kelten; aber die gibt es ja nu mal nicht mehr.

Das scheint mir ein ausgezeichneter Vergleich zu sein, der auch auf unseren ollen Armin passt!

So wie Vercingetorix als keltischer Gallier eben kein "Franzose" war, so war Arminius als germanischer Cherusker eben auch kein "Deutscher".

Dessen ungeachtet bleibt es jedem Franzosen freigestellt, in Vercingetorix einen entfernten Urahn zu sehen, der immerhin im Raum des heutigen Frankreich lebte und jedem Deutschen, das gleiche mit Arminius zu tun.

Man muss sich nur darüber im klaren sein, dass es keine direkte Kontinuität zwischen Galliern und Franzosen und zwischen Germanen und Deutschen gibt, wie das ja aus den obigen Posts deutlich hervorgeht.
 
deswegen nannte ich ihn ja "Held der Franzosen" und nicht französichen Held
wie auch Ariminius aus den gleichen Gründen kein"deutscher Held" sondern allenfalls ein Held der Deutschen oder vielleicht noch besser ein "Held für die Deutschen" sein kann :grübel:

Well, find ich einen guten Kompromiss: Arminius, Held der Deutschen...
 
Also Freunde, das ist doch jetzt sehr die Hose mit der Beißzange angezogen: Arminius darf kein deutscher Held sein, aber ein Held der Deutschen?

Mir scheint das doch ein wenig überzeugender Versuch zu sein, hier eine spezielle Definition von nationaler Kontinuität zu konstruieren, bei der alle möglichen anderen Beispiele akzeptiert werden (vom griechischen Held Achill bis zum chinesischen Philosoph Konfuzius) - nur bei der deutschen Geschichte darf das nicht sein.
Mich überzeugt das nicht, es erscheint mir eher als überzogene Reaktion auf die Arminius-Verkitschung des 19. Jahrhunderts.

Man sollte nicht verkrampft auf die Extremposition damals mit einer gegenteiligen Extremposition antworten.
Arminius war kein geistiger Zwilling Bismarcks, er wollte kein Deutschland begründen - aber er ist auch nicht eine beliebige Figur, die zufällig auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands lebte, aber ansonsten mit den Deutschen nichts zu tun hat.
 
Man muss sich nur darüber im klaren sein, dass es keine direkte Kontinuität zwischen Galliern und Franzosen und zwischen Germanen und Deutschen gibt, wie das ja aus den obigen Posts deutlich hervorgeht.
Das ist eben falsch - und das macht den Vergleich schief.

Zwischen Galliern und Franzosen gab es keine direkte Kontinuität. Eben weil Vercingetorix scheiterte, wo Arminius Erfolg hatte.

Die Gallier wurden von den Römern erobert (und später noch einmal von den Franken), sie haben dabei ihre Sprache, ihre Kultur und ihre Identität verloren. Das spätere Frankreich hat keinerlei Tradition zum alten Gallien.

Umgekehrt haben die Germanen ihre Sprache, Kultur und Identität erhalten. Sie haben sich selbstverständlich durch die Jahrhunderte verändert (insbesondere auch durch den Kontakt mit den Römern), es haben sich Stämme gespalten oder vereinigt, aber es gibt eine ungebrochene Kontinuität bis hin zu der Zeit, wo sich die Stämme über einen längeren Prozeß zu einem deutschen Volk zusammentun. Das ist eine durchgängige Tradition, die in Frankreich fehlt.
 
Das ist eben falsch - und das macht den Vergleich schief.

Zwischen Galliern und Franzosen gab es keine direkte Kontinuität. Eben weil Vercingetorix scheiterte, wo Arminius Erfolg hatte.

Die Gallier wurden von den Römern erobert (und später noch einmal von den Franken), sie haben dabei ihre Sprache, ihre Kultur und ihre Identität verloren. Das spätere Frankreich hat keinerlei Tradition zum alten Gallien.

Umgekehrt haben die Germanen ihre Sprache, Kultur und Identität erhalten. Sie haben sich selbstverständlich durch die Jahrhunderte verändert (insbesondere auch durch den Kontakt mit den Römern), es haben sich Stämme gespalten oder vereinigt, aber es gibt eine ungebrochene Kontinuität bis hin zu der Zeit, wo sich die Stämme über einen längeren Prozeß zu einem deutschen Volk zusammentun. Das ist eine durchgängige Tradition, die in Frankreich fehlt.

Diese Haltung kann ich nicht nachvollziehen. Historische Kontinuität hängt nicht davon ab, wer in einem Land herrscht. Frag mal die Iren. Die haben sich auch nach fast 800 Jahren englischer Herrschaft immer noch als Iren betrachtet. Sicher ist die Entwicklung des Landes stark durch englische Einflüsse mit geprägt worden, aber das hat die "Kontinuität" nicht unterbrochen. Es gab keine "Stunde Null", ab der sich plötzlich etwas ganz neues entwickelt hätte. Genauso war das in Kontinentaleuropa. Alle heutigen Nationen können auf eine "durchgängige Tradition" zurückblicken. Auf diese Traditionslinien haben nur jeweils alle möglichen äußeren Einflüsse gewirkt. Dass nur Deutschland sich unbeeinflusst aus seinen eigenen Wurzeln entwickelt haben soll, kann ich nicht erkennen. Die Völkerwanderung hat das Gebiet, in dem wir heute leben, genauso umgekrempelt wie alle Nachbarländer. Und mit der Etablierung des fränkischen und später des Kaiserreichs sind römische Elemente viel nachhaltiger in die "deutsche" Kultur hineingetragen worden als durch die Legionen.

Da sehe ich das Problem mit "Heldenbildern": Akzeptiert man sie vorbehaltlos, neigt man dazu, ihre Wirkung zu überschätzen und sich den Blick auf alle anderen Einflüsse zu verstellen, die im Laufe der Geschichte eine Rolle gespielt haben.

Deutschland steht nicht in der Tradition des Arminius, Frankreich steht nicht in der Tradition des Vercingetorix und Griechenland ist nicht durch Odysseus geprägt worden. Umgedreht wird ein Schuh draus: Heutige Gesellschaften neigen dazu, die antiken Helden nachträglich in ihre Tradition einbinden zu wollen. Die Leute, die wir heute als "Helden" bezeichnen, sagen deshalb viel mehr über die gegenwärtige Verfassung eine Gesellschaft aus als über ihre eigene Zeit.

MfG
 
Ich habe Probleme damit, einen Totschläger als Held darzustellen.
Egal, wer es ist, wer die meisten Feinde tötet, ist ein Held.
Was ist mit den "stillen Helden", die zum Beispiel mal ein Kind retteten oder jene, die mal gegen die Obrigkeit aufmupften. Da schweigt man sich drüber aus.
 
Umgekehrt haben die Germanen ihre Sprache, Kultur und Identität erhalten. Sie haben sich selbstverständlich durch die Jahrhunderte verändert (insbesondere auch durch den Kontakt mit den Römern), es haben sich Stämme gespalten oder vereinigt, aber es gibt eine ungebrochene Kontinuität bis hin zu der Zeit, wo sich die Stämme über einen längeren Prozeß zu einem deutschen Volk zusammentun. Das ist eine durchgängige Tradition, die in Frankreich fehlt.
Also was soll den eine germanische Identität sein ?

Der anspruch auf eine ungebrochene Kontinuität einer wie auch immer gearteten Kultur, ist nun nicht haltbar. Schon gar nicht bei den Germanischen Stämmen.
Ich verweise hier nochmals eindringlich auf die Entwicklung der "Germanen" während der Römischen Kaiserzeit bis in das Frühmittelalter hin.
Innerhalb dieses Zeitraumes änderen sich so viele kulturelle Dinge in Germanien, das ein ungebrochene Kontinuität, einfach nur unglaubwürdig ist. Ich erinner mal an die Völkerwanderungszeit z.B.
Außerdem schwingt bei einer solchen Deutung, die im Falle der Archäologie in den meisten Fällen abgelehnt wird, leider immer noch ein Denken aus Großvaterszeiten mit.
Ich kann dir nur raten dich mal mit G. Kossina zu beschäftigen.
Vrgl. Gustaf Kossinna ? Wikipedia
Man kann eben die spätantiken germanischen Völkerschaften, nicht mit den Verhältnissen im Hochmittelalter vergleichen, alleine die Christianisierung brachte eine Menge an Veränderungen mit.

Die Gallier wurden von den Römern erobert (und später noch einmal von den Franken), sie haben dabei ihre Sprache, ihre Kultur und ihre Identität verloren.
Verloren wurde da nichst, verändert hat sich das ganze in die gallo-römische Kultur, die wiederum eine starken Einfluss auf die Franken hatte.
Die Franken haben Gallien auch nicht erobert, sondern sie stellten zu dieser Zeit sowohl die Oberbefehlshaber des weströmischen Legionen als auch einen Großteil der Truppen in Gallien.
Die Franken haben vielmehr aus dem Bereich des spätantiken Galliens viele Dinge übernommen, ohne die die Gründung des fränkischen Reiches nicht möglich gewesen wäre.
Außerdem bestanden z.T. intensive Verbindung mit "Adel" in Gallien, als auch zur christlichen Kirche.

Das spätere Frankreich hat keinerlei Tradition zum alten Gallien.
Daß spätere Deutschland hat keinerlei Traditionen zu den Kaiserzeitlichen Germanen.

Ein wirklich gutes Buch zu diesem Thema, Link mit Rezension:
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/MA-2002-023
 
Zuletzt bearbeitet:
Historische Kontinuität hängt nicht davon ab, wer in einem Land herrscht.
Nicht alleine - aber ein Faktor von mehreren ist das schon.
Kommt halt immer auf die Art der Herrschaft an.

Du hast völlig recht, die Iren haben trotz der englischen Herrschaft ihre Identität bewahrt. Was wohl auch daran liegt, daß die Engländer ihnen zwar weitgehend erfolgreich die Sprache aufgedrückt haben, ansonsten Irland aber immer eine eigenständige Einheit blieb - es wurde nie versucht, es zu einem integralen Teil Englands zu machen.

Die Gallier dagegen verloren ihre eigene Identität, betrachteten sich selber nicht mehr als Kelten, bekamen das römische Bürgerrecht, Gallien war nur noch ein geographischer Begriff (so jedenfalls meine Kenntnis).

Alle heutigen Nationen können auf eine "durchgängige Tradition" zurückblicken.
Das ist aber doch sehr unterschiedlich. Daß ziemlich jede Gegend Europas seit Jahrtausenden durchgängig besiedelt war, ist mir für historische Kontinuität zu wenig.
Mal ein anderes Beispiel: Die historische Tradition der Ungarn beginnt mit der Landnahme und geht durchgängig bis heute.
Da stört nicht, daß die Gegend schon vorher bewohnt war. Auch wenn vereinzelte dieser Vorsiedler noch Nachfahren im heutigen Ungarn haben mögen, auch wenn die Ungarn vorhandene Strukturen übernommen haben mögen - das sind nicht relevant, die Ungarn haben historisch nichts mit der Vorbevölkerung zu tun und sehen diese zu Recht nicht als zu ihrer Tradition gehörig an.
Während umgekehrt der ungarische Staat einige Zeit nicht präsent war, die Ungarn fremd beherrscht wurden - das hat ihre historische Tradition nicht unterbrochen.

Dass nur Deutschland sich unbeeinflusst aus seinen eigenen Wurzeln entwickelt haben soll, kann ich nicht erkennen.
Das "nur" habe ich auch nicht gesagt, ich habe nur den Gegensatz zu Gallien gezogen, wo es eben einen deutlichen Traditionsbruch gegeben hat.
Auch Italien hat (trotz jahrhundertelanger Fremdherrschaft und territorialer Zersplitterung) eine durchgängige historische Tradition, auch Skandinavien, Irland, auch das aus mehreren Volksgruppen fusionierte Schottland, Polen - und natürlich Griechenland (siehe unten den Beitrag von Maglor), obwohl es da ja erhebliche Brüche gab.

Die Völkerwanderung hat das Gebiet, in dem wir heute leben, genauso umgekrempelt wie alle Nachbarländer.
Nur teilweise. Aus Norddeutschland, Nordhessen, Westfalen sind im wesentlichen Leute weggewandert - wer daheim blieb, für den änderte sich nicht viel (nur die Zusammenfassung in Stämme war veränderlich). Es gibt schon einige Gebiete, da hocken im Prinzip immer noch die Leute, die da schon immer gehockt haben ;-)

Und mit der Etablierung des fränkischen und später des Kaiserreichs sind römische Elemente viel nachhaltiger in die "deutsche" Kultur hineingetragen worden als durch die Legionen.
Durchaus richtig. Aber das waren graduelle, längerfristige Veränderungen, die die Traditionslinie nicht abgeschnitten haben.
Das unsere heutige Kultur sich ganz entscheidend von der des Mittelalters unterscheidet, ist ja unbestreitbar. Und dennoch ist die historische Kontinuität eindeutig.

Da sehe ich das Problem mit "Heldenbildern"
Das mit dem "Held" ist eigentlich eine ganz andere Baustelle. Man kann Arminius auch gerne als "Persönlichkeit der deutschen Geschichte" bezeichnen.

Heutige Gesellschaften neigen dazu, die antiken Helden nachträglich in ihre Tradition einbinden zu wollen.
Richtig.
Das wird dann spannend, wenn es eben keine wirkliche Traditionslinie gibt. Ein König Artus (sollte es ihn gegeben haben) gehört eben nicht in die englische Tradition, das wäre Geschichtsklitterung.
Ansonsten aber halte ich es sogar für ganz wesentlich für die Definition von "historischer Kontinuität", daß die Nachfolgenden selber eine Tradition sehen und akzeptieren.
 
... aber es gibt eine ungebrochene Kontinuität bis hin zu der Zeit, wo sich die Stämme über einen längeren Prozeß zu einem deutschen Volk zusammentun. Das ist eine durchgängige Tradition, die in Frankreich fehlt.

Es gibt keine "ungebrochene" Kontinuität von den Germanenstämmen zu den Deutschen.

Das deutsche Volk ist das Produkt einer Ethnogenese, die im 9./10. Jh. begann, und an deren Ende eine Sprache, Kultur und Identität stand, die mit den germanischen Stämmen nichts mehr zu tun hatte.
 
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