Christentum Schuld an den dark ages?

Deswegen vertritt ja Bergmeier, den ich ja bereits oben zitiert habe, die These, dass es eine von der Kirche initiierte reichsweite Vernichtungswelle im 5. Jhdt. gegeben habe.

Was freilich ignoriert, dass es "die" Kirche überhaupt noch nicht gab, sondern rivalisierende Strömungen, wobei die Kaiser teils dieser, teils jener Strömung anhingen und deren Vertreter unterstützten. Obendrein standen im 5. Jhdt. Teile des Westens bereits unter germanischer arianischer Herrschaft. Für eine große reichsweite Vernichtungswelle hätten sich also die verschiedenen religiösen Fraktionen und die römischen und germanischen Machthaber zusammentun müssen.

Bitte nicht mißverstehen: ich sehe mich nicht als Apologeten von Bergmeier, aber ich finde das, was ich von ihm gelesen habe, durchaus interessant und diskussionswürdig.

Ich habe vor einiger Zeit Teile seiner Magisterarbeit, die bei google-books online einsehbar waren, (anscheinend gab es bei google Änderungen, zumindest ist seine Arbeit nicht mehr online einsehbar), sowie einige Zusammenfassungen, Interviews und Rezensionen gelesen.

Sein Buch "Schatten über Europa" liegt mir allerdings nicht vor.

Ausgangspunkt dieser "Vernichtungswelle" war danach das Jahr 380, als das Christentum Staatsreligion wurde.

Einiges zu der Thematik wurde ja auch unter http://www.geschichtsforum.de/f28/verluste-antiker-literatur-33683/#post503802 bereits erwähnt.
 
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D



Deswegen vertritt ja Bergmeier, den ich ja bereits oben zitiert habe, die These, dass es eine von der Kirche initiierte reichsweite Vernichtungswelle im 5. Jhdt. gegeben habe.

Ja und, trotzdem kann man selbst bei sowas nicht alle Exemplare vernichten, vor allem in der Spätantike nicht.
 
Ja und, trotzdem kann man selbst bei sowas nicht alle Exemplare vernichten, vor allem in der Spätantike nicht.


Es gibt so einige Berichte über Hausdurchsuchungen, bei denen die konfiszierten Bücher anschließend verbrannt wurden (teilweise zusammen mit den Besitzern). Angesichts der Todesstrafe, die auf den Besitz verbotener Bücher steht, wurden dann auch ganze Privatbibliotheken von ihren Besitzern angezündet.

Angesichts solcher Umstände kommt dann natürlich keine Neuproduktion von oder Handel mit "verbotenen" Büchern in Betracht.
 
Es gibt so einige Berichte über Hausdurchsuchungen, bei denen die konfiszierten Bücher anschließend verbrannt wurden (teilweise zusammen mit den Besitzern). Angesichts der Todesstrafe, die auf den Besitz verbotener Bücher steht, wurden dann auch ganze Privatbibliotheken von ihren Besitzern angezündet.

Angesichts solcher Umstände kommt dann natürlich keine Neuproduktion von oder Handel mit "verbotenen" Büchern in Betracht.

Ja und solche Hausdurchsuchungen gab es zwischen Hispania und Syrien in der Spätantike. Gibts dazu eine Quelle.
 
Ja und solche Hausdurchsuchungen gab es zwischen Hispania und Syrien in der Spätantike. Gibts dazu eine Quelle.

Im Wiki-Artikel sind einige Quellen genannt:

Bücherverluste in der Spätantike ? Wikipedia

z. B. Ammianus Marcellinus:

„Sodann wurden zahllose Bücher und viele Haufen von Schriftrollen zusammengetragen und vor den Augen der Richter verbrannt. Man hatte sie in Häusern wegen ihres angeblich verbotenen Inhalts ausfindig gemacht, und nun sollten sie dazu dienen, den üblen Eindruck der Hinrichtungen zu verwischen. Dabei handelte es sich größtenteils doch nur um Werke über die verschiedenen freien Wissenschaften und über Rechtsfragen.“ (Ammianus Marcellinus 29,1,41). Nach den Hinrichtungen, die mit dem Besitz von „Zaubertexten“ begründet wurden: „So kam es denn in den östlichen Provinzen, dass aus Furcht vor ähnlichen Schicksalen die Besitzer ihre ganzen Bibliotheken verbrannten; denn ein solcher Schrecken hatte alle erfasst.“ (Ammianus Marcellinus 29,2,4)

Der Sachverhalt geschah aber im Jahr 371 unter dem arianisch-christlichen Kaiser Valens. Vorausgegangen war ein versuchter Putsch unter einem Theodorus, bei okkulte Handlungen eine Rolle spielten.

Ich versuche weiteres an Literatur zu finden.
 
Machtpolitik und Kulturpolitik

Sorry für die folgenden Text-Bombenserie...

Im Wiki-Artikel sind einige Quellen genannt:

Bücherverluste in der Spätantike ? Wikipedia

z. B. Ammianus Marcellinus:



Der Sachverhalt geschah aber im Jahr 371 unter dem arianisch-christlichen Kaiser Valens. Vorausgegangen war ein versuchter Putsch unter einem Theodorus, bei okkulte Handlungen eine Rolle spielten.

Ich versuche weiteres an Literatur zu finden.

Mich erinnert die ganze Geschichte doch ein wenig an die spätrepublikanischen Proskriptionen, wo unter teils nicht nachvollziehbaren Vorwänden auch jede Menge reiche Männer ums Leben und ihren Besitz gebracht wurden. Man hat dabei öfters den Eindruck, dass es den Verfolgern mehr um den materiellen Gewinn, denn um reinen politischen Kahlschlag gegangen sein mag. Gerade um die Zeit der frühen christlichen Kaiser nach Ende der konstantinischen Dynastie waren Religionspolitik und Machtpolitik untrennbar miteinander verbunden. Nicht nur wegen innerchristlicher Auseinandersetzungen (Arianismus…), sondern auch weil jeder Kaiser eine Dynastie zu gründen suchte, soweit er in der Lage war, eine entsprechende Politik betreiben zu können. Vielleicht auch als bewussten Gegensatz zur überwundenen „Reichskrise des 3. Jht.“, wo die Soldatenkaiser sich gegen Mitbewerber und Senatorenschicht durchsetzen mussten und es nicht gelungen war eine kaiserliche Dynastie zu bilden. Das gelang erst Konstantin dem Großen wieder und nach ihm Theodosius (d. Gr.), wobei dieser sehr stark auf die Hilfe der Kirche setzte und dem Katholizismus zum endgültigen Sieg im Westen verhalf. Ich unterstelle hier auch eine gewisse Wechselwirkung zu staatlich organisierten „Buchrazzien“…. Immerhin schuldet Theodosius I. seinen Beinamen "der Große" wohl ganz überwiegend christlichen Autoren.

Dass kaiserliche Politik auch ganz andere Reaktionen auslösten werde ich später am durchaus wirkmächtigen Kaiser Julian (Apostata) aufzuzeigen versuchen...
 
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Umbrüche in Gesellschaft und Staat als Auslöser für Veränderungen

...Gehen wir davon aus, dass die Spätantike mit dem Zerfall / der Transformation des weströmischen Reichs eine Krisenepoche war, gebeutelt von Misswirtschaft und Kriegen, so müsste der Luxus Bildung nahezu erloschen gewesen sein - aber offensichtlich hat sich doch so manche Nische für Bildung etabliert: Cassiodors Gründung des Klosters Monte Cassino, die Gelehrten bei den span. Goten, bei Karl dem Großen, bei den Franken Gregor von Tours und später der so genannte Fredegar, in Italien Paulus Diaconus - - - also gänzlich erloschen war die Bildung in den wechselhaften und kleinräumigeren Nachfolgestaaten des weström. Imperiums nicht...

Cassiodor gründete das Kloster Vivarium in Kalabrien, nicht Monte Cassino im Latium. Dies wird auf Benedikt von Nursia zurückgeführt. Das relativiert deine Aussage aber keineswegs und prinzipielle beziehe ich mich später noch stark an deine Grundgedanken!
Ob eine Wirtschaft gesund ist oder nicht hängt nicht von der Menge von Edelmetallen ab oder gar von dem wie viel bedrucktes Geld hat, sondern von der technischen Fähigkeiten und der Produktivität der Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Und diese ist klar gesunken was man schon daran sieht das Handwerk und Dienstleistungen doch verkümmerten.
Auch der Niedergang von Kunst und Gewerbe ist letztlich in den gesellschaftlichen Umwälzungen und der neuen, wieder kleinräumigeren Politik und Zuschnitt des Lebenshorizontes der Menschen begründet. Man starrte nicht mehr gebannt nach Rom und versuchte auch im Kleinsten alles von dort zu kopieren was irgendwie möglich war. Man machte nicht mehr jede „Modetorheit“ aus dem Zentrum eines Imperiums mit. Man blickte vielleicht nur noch auf das Nachbardorf, -Stadt, den Hof des nächsthöheren Adeligen und nur wenig höher gar bis hin zu Kaiser oder König. Im kirchlichen Bereich war die „Universalität“ des Horizontes ungleich höher. Sind es aus dem Mittelalter doch gerade die Kirchen, die sich mit eindrucksvollen Bauten erhalten haben, wenn sie nicht eine neue „Mode“ / Baustil späterer Zeit wieder verdrängt haben. Im Römischen Reich waren die Zyklen „privater Baukunst“ und Prestige ungleich kürzer, da öffentliche Repräsentation sehr wichtig war. In den kleinräumigeren, neueren Zeiten war die Nachfrage nach derartigen Bauten zu gering um eine großräumige, oder gar lokale Bautradition alter Form wirklich ernähren zu können. Lässt sich doch auch in der Kunstgeschichte deutlich die großräumige Mobilität mittelalterlicher „Dombauhütten“ (Als Gemeinschaft von diversen Handwerkern, Architekten etc.) recht gut weiterverfolgen. Die Gesellschaften organisierten sich stärker auf ihre Subsistenzbedürfnisse denn an weiträumigem Transport, wofür ja nun die Abnehmer fehlten (Militär, Verwaltung….), welche einst Motoren des Warenaustauschs gewesen waren.
Wenn nicht der ständige Getreidebedarf Roms in der Antike den Überschuss etwa der Provinz Afrika als Kornproduzent (ursprünglich als unbezahlten TRIBUT!!) angekurbelt hätte, wäre dort die Produktion vielleicht auch nie derartig ausgebaut worden(, obwohl sie schon vorher große Überschüsse für den Handel erwirtschaftet worden wurden). Hätten nicht staatliche Privilegien für die Reeder den Transport nach Rom gefördert, wäre das Korn trotzdem kaum bezahlbar gewesen. Hätte nicht die dadurch vorhandene Transportkapazität auch Raum für private Geschäftstätigkeit geboten, hätten die Kapitäne gewiss nicht begonnen sich verstärkt zusätzliche Gewinne durch Transport von anderen Handelsgütern (Terra Sigillata bis hin zu Kunstprodukten…) zu sichern. So angeregt, wären wohl weder Produzenten, noch Abnehmer für derartige Waren entstanden (geringe Transportkosten). Die politisch- (Tribute, Kornversorgung…) oder militärisch(Römerstraßen, Garnisonen…) bedingte Infrastruktur des Reiches ermöglichte und förderte doch erst den gewaltigen Aufschwung von Transport und Handel. Mit dem Wegfall des Imperiums fiel auch die Notwendigkeit für den Unterhalt solcher Infrastruktur weg und als diese Fehlte, wurde der Handel unrentabel….
 
Eine veränderte Gesellschaft

Wichtig ist es meiner Ansicht nach festzuhalten, welche Veränderungen mit der einstmals staats- & literaturtragenden Schicht der reichen Römer im Reiche vorgingen und wie sich dadurch die Bedürfnisse der Gesellschaft veränderten:

- Die römische Oberschicht war nicht länger ein Garant und Träger des Römischen Reiches. Um mit den politischen Veränderungen mithalten zu können, mussten sich Gesellschaft und Lebensweise grundlegend ändern.

- Das alte Leben als begüterter, reicher Senator, der sich gleichermaßen um seine Güter, wie um Politik, Verwaltung sowie der Beschäftigung mit Muße und der klassischen Bildung beschäftigte musste sich wandeln. Wichtig war nicht länger Rom mit seiner Staatsideologie, Sprache und Literatur. Die Privatbibliothek sollte die Bibel umfassen und etwas mehr, aber eine breit gefächerte Bibliothek war gesellschaftlich nicht mehr so zwingend notwendig wie bisher.

- Die neuen Königreiche boten beste Voraussetzungen als Krieger, oder als Kleriker einen guten Platz im öffentlichen Leben und zum Erhalt der eigenen, wirtschaftlichen Stärke. Als Krieger war literarische Bildung nicht notwendig, auch wenn Lesen & Schreiben von Vorteil sein konnte. Als Kleriker war es weiterhin wichtig, sich der Schriftlichkeit bedienen zu können, doch die antiken Klassiker waren endgültig entbehrlich. Was nicht nachgefragt wurde, verfiel

- Wo sich die neuen Königreiche weiterhin einer Schriftlichkeit bedienen mussten, griffen sie zunächst auf das vorhandene, römische Potential zurück. Da dieses sich aber nicht länger in der klassischen Weise selbst erneuern konnte, da die gesellschaftlichen Veränderungen ihren alten Stand überflüssig gemacht hatte, mussten die Könige die hierzu notwendigen, gebildeten Männer anders rekrutieren: Dies konnte nur aus kirchlichem Umfeld gelingen, da hier Schriftlichkeit per se („Schriftreligion“) unbedingt notwendig blieb. Die gesellschaftlichen Umwälzungen boten auch guten Nährboden für die neuen, christlichen Mönchsorden. Das westliche Mönchstum beruhte nicht so stark auf eine Verbindung von religiöser Askese und eremitischem Ideal wie im östlichen Mittelmeerraum. Es basierte auf einer streng geregelten Gemeinschaft, wo neben Askese gemeinsame Religiosität, gemeinsames Arbeiten und Schriftlichkeit ihren Raum hatte. Eben nach den Regeln des Heiligen Benedikts von Nursia. Für unser Thema ist es wichtig, dass hier Dokumente ausgestellt, Bibliotheken gesammelt und verwendet wurden! Da die Mönche weiterhin Bischöfen unterstanden, hatte allein die Kirche das Potential geeignete Fachkräfte für die Administration eines Reiches ständig neu und in ausreichender Zahl kontinuierlich auszubilden. Das alte, römische Bildungsideal hatte sich überlebt, wo es zur Selbstverständlichkeit gehört hatte, dass die Angehörigen der Oberschicht eine breitgefächerte Bildung mit ausreichender Tiefe sich von selbst aneignete, ohne das ein Staat entsprechende Bildungseinrichtungen regelmäßig zur Verfügung stellen musste. Auch die altrömische, senatorische Schicht hatte neben ihrer Allgemeinbildung auch Wert auf körperliche Ertüchtigung und eine militärische Basisausbildung gelegt. In den neuen Reichen hatten sich die Parameter zunehmend verschoben. Nähe zum König und militärische Tüchtigkeit wurden nun weit höher bewertet früher, während eine Ausbildung zur Schriftlichkeit zweitrangig wurde und literarische Bildung gar keine gesellschaftlichen Vorteile mehr erbrachte. In mittelalterlichen Korrespondenzen traten bestenfalls an die Stelle der einstigen, antiken Klassiker nun Bibelzitate und Heiligenviten um die eigene Bildung zu dokumentieren.
 
Christentum und Schriftlichkeit - zu den "dark ages"

Für das Christentum selbst ist Schriftlichkeit essentiell wichtig: Es ist eine Offenbarungsreligion und diese Offenbarungen Gottes und die Erlebnisse der Apostel, Propheten und Heiligen mit ihrer Gotteserfahrung zu verschriftlichen war eine Basisleistung für die Entwicklung des Christentums, ohne die etwa ihre Auslegung von Martin Luther (Bibel als Grundstein des Glaubens) unmöglich gewesen wäre! Muss ich weiter ins Detail gehen? Die Evangelien des Neuen Testaments erzählen die Geschichte Jesu und der Apostel. Als Beispiel möchte ich mir hier den Evangelisten Lukas herausnehmen. Er gilt als Heidenchrist aus der Umgebung des Apostels Paulus und als Autor des Lukasevangeliums wie der Apostelgeschichte. Schon im Vorwort widmete er seine Arbeit einem gewissen Theophilos, zu dem sich die Einleitung im Wikiartikel wegen seiner Querverbindung zur von mir oben skizzierten römischen Oberschicht lohnt:
Theophilos (Lukas) ? Wikipedia
Nur Matthäus und Johannes sollen nicht nur Evangelisten, sondern auch Apostel gewesen sein, die damit Jesu selbst noch gekannt haben müssten. Markus soll Judenchrist gewesen sein und sein Werk richte sich vor allem an Nichtjuden, dem er zahlreiche Besonderheiten erklärt.
Wichtig bleibt die Feststellung, dass dem Christentum keine generell feindliche Haltung zur Schriftlichkeit nachgesagt werden kann! Nun erst kann man sich der zweiten Frage, nach den Veränderungen im Schriftleben der Antike durch die Christianisierung zuwenden.
Zunächst einmal entwickelte sich mit Evangelien, Heiligenvitae und auch nur noch mehr oder weniger lose mit dem Christentum verbundenen Strömungen wie der Gnosis oder sich auch auf Jesus beziehender Religionen (Nestorianismus) oder Sekten ein neues Betätigungsfeld der Schriftlichkeit zusätzlich zur bisherigen Literatur. Als das Christentum Staatsreligion geworden war, bestand ein erhöhter Bedarf an derartigem Schrifttum. Aus christlicher Sicht hatte antike, vor allem heidnische Literatur keinen, über das Formale hinausgehenden Wert an sich mehr, weshalb es wohl schon immer Strömungen im Christentum gab, welche diese Literatur ablehnte auf die ich nicht wieder extra einzugehen brauche. Die römische Oberschicht jedoch behielt ihren klassischen Bildungskanon bei und fügte ihm im Wesentlichen wohl nur christliche Werke hinzu.
Ein erster und gravierender Bruch kam jedoch mit der Politik des Kaisers Julian (Apostata), der eine Wiederbelebung des Heidentums und eine Verdrängung des Christentums anstrebte. Per Dekret griff er in den traditionellen Bildungskanon ein, indem er Christentum und klassische Literatur für unvereinbar für die schulische Ausbildung erklärte. Er wollte damit verhindern, dass weiterhin Christen einen Einfluss auf die Ausbildung von Schülern behielten, denn hier waren ungebrochen nur die alten Klassiker Lehrstoff für Rhetorik und Schriftlichkeit. Es sollten nur noch jene mit diesen „Lehrbüchern“ lehren, die auch mit deren innerer, heidnischer Aussage übereinstimmten. Die Wirkung war ein Erdbeben für den Literaturbetrieb, weshalb christliche Lehrer nun Ersatz in christlichen Werken suchten und es gleichzeitig eine erhebliche Beschäftigung mit antiken Werken und ihrer Vereinbarkeit mit christlicher Lehre auslöste. Julian blieb eine kurze Episode, sein Dekret wurde zurückgenommen, aber von nun an waren die antiken Klassiker eben nicht mehr selbstverständliche Lehrbücher aus christlicher Sicht, auch wenn man wohl sofort wieder zur alten Praxis zurückkehrte…! Im Großen und Ganzen aber mochte das Christentum aber nur Teile des antiken Literaturbetriebes zu verändern!
 
Die Zahl der erhaltenen antiken Literatur kann ja auch nur geschätzt werden. Die Schätzungen reichen 0,1 % bis zu 10 % des Gesamtbestandes.
10% halte ich für viel zu hoch angesetzt, 0,1% kommen wohl eher hin, obwohl ich sogar diese Zahl noch für übertrieben halte. Zum einen sind ja sogar die erhaltenen Werke großteils nur teilweise erhalten: Egal ob Livius, Tacitus (Annalen, Historien), Cassius Dio, Dionysios von Halikarnassos, Ammianus Marcellinus, Appian oder Diodor - von all ihren Werken fehlen wesentliche Teile. Auch von den meisten Dichtern sind nur Teile ihres Werkes erhalten: Von Dramatikern wie Aischylos, Sophokles, Euripides, Aristophanes oder Plautus sind nur wenige Stücke ihres Gesamtwerks erhalten, von den meisten anderen namentlich bekannten Dramatikern gar nichts. Mit den Epikern und Lyrikern steht es nicht besser. Dazu kommt, wie gesagt, noch eine große Zahl von Autoren, die überhaupt nur namentlich bekannt sind: Autoren wie Strabon, Plutarch oder Dionysios von Halikarnassos nennen in ihren Werken zahlreiche Autoren, deren Werke komplett verloren sind. Und das waren jetzt nur angesehene Autoren, die immer wieder gelesen und zitiert wurden. Dazu kommt noch eine Vielzahl von Autoren als minderwertig erachteter Werke. Ich verweise z. B. auf Lukian von Samosatas Schrift über die Geschichtsschreibung, in der er eine ganze Reihe damals neu erschienener Werke über den Partherkrieg des Lucius Verus (großteils recht negativ) rezensiert - sie alle sind komplett verloren und wurden auch nicht anderweitig erwähnt. Viele Werke werden auch nicht erst in der Spätantike verlorengegangen sein, sondern schon relativ bald nach ihrem Erscheinen, wenn sie auf kein Interesse stießen.
 
In der Antike war meines Wissens Papyrus nur in Ägypten heimisch, wo bereits die Ptolemäer ein Monopol begründeten. In der hohen Kaiserzeit war Papyrus in 4 Qualitätssorten erhältlich. Papyrus war recht teuer, so dass man der Klage Martials wohl nicht viel Glauben schenken muss. Den wurmte es, als er entdeckte, dass seine Epigramme als Verpackungsmaterial für geräucherte Makrelen herhalten mussten.
Derartiges schreibt allerdings auch Persius Flaccus: In der ersten seiner sechs Satiren drückt er den Wunsch jedes Dichters aus, Gedichte zu hinterlassen, die nicht als Verpackungsmaterial für Makrelen oder Weihrauch herhalten müssen (I,43).
 
Auf jeden fall sehe ich das Christentum als mitverantwortlich für den Untergang des West Römischen Reiches. Zu einem anderen Punkt auch in der Monarchie.

Gegen Ende des Imperiums fanden sich immer weniger Römer die in die Armee eintreten wollten. Zudem wurde diese ständig verkleinert.
Hier sehe ich das Versagen der römischen Monarchie (starkt vereinfacht).
Ob eine andere Staatsform aber erfolgreicher gewesen wäre (wie die frühe republick etwa.) steht aber auf einem anderen Blatt und hier nicht zur Debatte.
Antike Literatur, war als heidenzeug nicht mehr gefragt und wurde sicherlich zuhauf vernichtet.

Das Christentum sehe ich in so fern mit verantwortlich, dass alleine auf seiner Basis, einige germanische Stämme, in das West Reich einziehen durften.

Wäre das Christentum nicht Staatsreligion gewesen, wäre dies Undenkbar gewesen. Hier halte ich beispielsweise Marius (ja der berühmte Reformer) als guten Vergleich.

Dies wiederum beschleunigte den Verfall des Westlichen Reiches.

Im Oströmischen Reich wurden ja schliesslich sogar alle Universitäten geschlossen und somit ging viel Antikes Wissen verloren. Oder wurde zumindest nicht mehr gross weiter vermittelt.
Dies war aber schon in den Dar Ages selber.

Auch nicht vergessen sollte man, dass das Christentum gerne oft als "Kriegerreligion" übernommen wurde. Was aber vielleicht eher bei Reichsbildungen geholfen haben könnte. Vor allem auf ehemalig Römischem Gebiet.

Aber da halte ich diese Religion nicht für ausschlaggebend.

Langer rede kurzer Sinn, und wohl nicht ganz schlüssig erzählt. Ja ich sehe das Christentum zumindest etwas mitverantwortlich an den Dark Ages.
Auch wenn einfach etwas Neues daraus hervorging.
 
Das Christentum sehe ich in so fern mit verantwortlich, dass alleine auf seiner Basis, einige germanische Stämme, in das West Reich einziehen durften.

Wäre das Christentum nicht Staatsreligion gewesen, wäre dies Undenkbar gewesen. Hier halte ich beispielsweise Marius (ja der berühmte Reformer) als guten Vergleich.

Der "Einzug" der Germanen als Foederaten den du sicher meinst, hatte aber nichts mit der Religion des Christentums zu tun. Schließlich waren diese germanischen Stämme heidnisch (Christianisierung der Franken erst etwa 500 unter Chlodewig) und hätten dann eher bekämpft werden müssen. Was Marius damit jetzt zu tun hat, wird mir auch nicht ganz klar.
 
Der "Einzug" der Germanen als Foederaten den du sicher meinst, hatte aber nichts mit der Religion des Christentums zu tun. Schließlich waren diese germanischen Stämme heidnisch (Christianisierung der Franken erst etwa 500 unter Chlodewig) und hätten dann eher bekämpft werden müssen. Was Marius damit jetzt zu tun hat, wird mir auch nicht ganz klar.


Jein, bei den Franken hast du recht. Einige Zeit waren sie ja auch stabilisierend. Bis zur Machtübernahme.

Ich meine die Goten. Machten nicht jene, eben den Christlichen Glauben geltend um ins West Reich gelangen zu dürfen?
So habe ich es jedenfalls gelesen.

Marius war hier nur als ein Beispiel des alten Heidnischen Roms gemeint.

So habe ich es jedenfalls gelesen.

Marius war hier nur als ein Beispiel des alten Heidnischen Roms gemeint.
 
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Nun auch die römische Republik hatte schon Städte als Vasallen übernommen (Bundesgenossen), die auch einmal Krieg gegen Rom führten bzw. teilweise von Rom abfielen. Das war also nichts neues. Die Christianisierung der Goten hingegen setzte schon früher ein, bekam aber tatsächlich durch die Ansiedelung an der römischen Grenze einen Schub. Die Ansiedelung selber hatte aber nichts mit dem Glauben der Goten zu tun, sondern schlichtweg mit dem Bedürfnis Theodosius, eine schlagkräftige Armee zu erhalten, nachdem sein Vorgänger Valens bei der Schlacht von Adrianopel mit dem Großteil seines Heeres getötet wurde.
 
Ja das mit den Bundesgenossen ist mir schon klar. Ich bin da auch nicht ganz im Bilde zugegebener massen und könnte mich noch weit besser über die Foederaten informieren.

Wenn es so ist wie du sagst, ändert es schon etwas an meiner vorherigen Aussage.

Ich wollte zwar nicht darauf hinaus, dass die Goten nur wegen dem christlichen Glauben angesiedelt wurden. Sondern dass sie dies als Proargument das Entscheidend gewesen sein soll (um unter Waffen zu bleiben) angegeben hätten.

Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Wie du es ja wohl, gerade auch schon getan hast.
 
Man muss hier unterscheiden zwischen den Greutungen, den Terwingen und den Gothae Minores. Die Greutungen kamen erst sehr viel später ins römische Reich als die Terwingen (die Terwingen als direkte Folge des Auftauchens der Hunnen, die Greutungen eigentlich erst nach dem Zerfall der hunnischen Allianz). Die Gothae Minores oder Kleingoten waren wiederum Terwingen, die - weil sie Christen waren - unter Athanarich verfolgt wurden und deshalb unter Fritigerns Führung ins römische Reich flohen. Das Interesse der Römer wird hier weniger der christliche Glaube dieser Terwingen gewesen sein, als die bekannte parte et impera-Strategie. Die Goten waren ein unruhiger Haufen an der Grenze des römischen Reiches, wenn man diesen auf elegante Weise verkleinern konnte, nahm man ihm den Schrecken. Außerdem waren die Terwingen dadurch mit inneren Konflikten beschäftigt, was den Römern an der gotischen Front ein wenig Ruhe verschaffte. Man könnte das auch als Stellvertreterkrieg bezeichnen.

Worin ich dir, Barkasch, folgen kann, ist, dass es eine Schwächung des römischen Militärs durch das Christentum gab. Nicht umsonst stammen viele der christlichen Märtyrer - echte wie legendäre - aus dem Bereich der römischen Soldaten. Im Prinzip haben wir es hier in vielen Fällen mit Dienstverweigerung aus dem christlichen Glauben heraus (Tötungsverbot) zu tun. Spätestens mit Augustinus' Schrift über den bellum iustum, die natürlich auf Vorläufer, wie auf Cicero zurückgeht, ist das Problem dann allerdings auch - zumindest philosophisch - "gelöst".
 
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Im Oströmischen Reich wurden ja schliesslich sogar alle Universitäten geschlossen und somit ging viel Antikes Wissen verloren. Oder wurde zumindest nicht mehr gross weiter vermittelt.
Dies war aber schon in den Dar Ages selber.

Das ist nicht ganz exakt, denn Universitäten entstanden erst im Mittelalter . Als die älteste Universität gilt Bologna mit 1088 als offizielles Gründungsdatum. Du meinst wahrscheinlich die von Justinian durchgeführte Schließung der Akademeia Platons im Jahre 529.
 
Worin ich dir, Barkasch, folgen kann, ist, dass es eine Schwächung des römischen Militärs durch das Christentum gab. Nicht umsonst stammen viele der christlichen Märtyrer - echte wie legendäre - aus dem Bereich der römischen Soldaten.
einerseits - andererseits erhielt das spätrömische Militär ja durch die Anwerbung barbarischer (oftmals heidnischer) Truppen auch wieder Zuwachs. Freilich war auf die barbarischen Kontingente nicht immer Verlaß, vor allem dann, wenn man sie nicht entlohnte...
In diesem Sinn überzeugt mich Christianisierung -> Schwächung des Militärs -> Barbaren siegen -> finstere Zeiten nicht völlig.
 
Langer rede kurzer Sinn, und wohl nicht ganz schlüssig erzählt. Ja ich sehe das Christentum zumindest etwas mitverantwortlich an den Dark Ages.
Auch wenn einfach etwas Neues daraus hervorging.

Die zentralen Gründe für den Zusammenbruch Westroms sind komplexer Natur:

1. Die germanische Invasion

2. Die Barbarisierung des Heeres

3. Die Desintegration des Reiches durch den Kirchenkampf

4. Niedergang der Landwirtschaft und der Städte

5. Strukturelle Probleme hinsichtlich der Gesellschaft und der Administration

6. Finanzielle Destabilisierung,

7. Unerträgliche Steuerlast für die Reichsbewohner

7. Dynastische Probleme

In der Vergangenheit wurde Roms Untergang (oder auch Fortleben) mit verschiedenen Hypothesen erklärt: Dekadenztheorie, Katastrophentheorie, Kontinuitätstheorie. All diese Erklärungen sind unzureichend, denn dieser Untergang ist ein komplexes Problem und nur multikausal erklärbar.

Ob das Christentum zum Untergang Westroms beitrug, ist nicht eindeutig zu beantworten. Man könnte es durchaus als stabilisierendes Element ansehen, das den Herrschern eine Legitimation bot
 
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