Mithraismus als Vorlage des Christentums?

Meine Lieben,

ich habe beschlossen, die Diskussion, so weit sie mich angeht, hiermit abzuschließen. Ich denke, es ist besser so.

Klaus Dede

Wieder zu spät! Aber ich sage es trotzdem!

Der Mithras-Kult wurde vor allem beim römischen Militär gepflegt und hier besonders bei den Auxiliartruppen aus Kleinasien.

Diese wurden vorwiegend zu Sicherung des germanischen Limes eingesetzt.
Somit finden sich viele kleine Mithräen entlang des germanischen Limes.

Die Mithräen waren geheime, meist kleine Versammlungsorte (siehe Miträum Saalburg) einer mystischen Religion.

Zutritt hatten nur eingeweihte Männer und nach dem Abzug der Auxiliartruppen vom rechtsrheinischen Limes (Anfang 3. Jhdt. n.Chr.), eigentlich niemand mehr.

Den nachrückenden Germanen, kann nicht einmal vorgeworfen werden, daß sie Christen gewesen wären.
 
An Mithras den Mehrwert des "Christus" belegen.

Ich begreife nicht, wieso die geschichtliche Konkurrenz von Mithras und Christus zu einer Ablehnung des Christemums führen, daduch Argumente für den Atheimus herzuleiten sein sollen, wie in der Diskussion hier teilweise geschlossen wird ist und was dann leider bis zu gegenseitigen Beleidigungen führt.

Was in den Beiträgen über den Mithraskult deutlich wurde, ist doch längst Stoff biblischer Themenabende über die Anfänge des christlichen Glaubens, wo deutlich gemacht wird, wie in Europa Mithras und Christus in Konkurrenz lagen.

Gerade lese ich in einem Magazin der kath. Bibelgesellschaft über "Welt umd Umwelt der Bibel", wo jeweils aus kirchennaher Sicht Beiträge über neue archäologische und geschichtliche Erkenntnisse aufgezeigt werden, wie Christus auch mit der Gestalt des Götterboten Hermes in Konkurrenz lag:

"Hermes als der göttliche Logos, die schöpferiche Vernunft, die nach Auffassung der stoischen Philosophie die Welt und den Kosmos durchwaltet und Götter und Menschen verbindet. Da Logos zugleich Wort bedeutet, wurde Hermes neben seinen übrigen Aufgaben zum Gott der Philologen, der Liebhaber des Wortes... von diesen Voraussetzungen lag es nahe, dass Christen im Logos Hermes einen Vorläufer des Logos Jesus sahen."

Wir wissen heute, dass das geistige Umfeld der Entstehung des christlichen Glaubens bzw. Schöpfungsbewusstseines nicht nur von jüdischer Glaubens-gesetzlichkeit, sondern auch von der Stoa bestimmt wurde, dort wo der christliche Logos bzw. biblische Jesus gewandelt ist, beispielsweise in Sephoris, ein Steinwurf vom berichteten Nazareth entfernt, der griechische Kult galt, die dort ausgegrabenen Steine Kunde einer geistigen Auseiandersetzung der Antike geben. Doch ist so nicht erst die Zeitenwende, die Bedeutung des christlichen Logos in menschlicher Gestalt als weltumfassendes Wort des einen Unbekannten, das nicht Gott selbst, sondern dessen irdische Offbarung war, zu verstehen?

Selbst das NT macht bereits deutlich, wie die herabgestiegenen Götter in Menschengestalt in Konkurrenz zu Christus standen: Barnabas mit Zeus und Paulus mit Hermes idendifiziert worden wären. (Apg 9-11).

Sollte daher das wachsende Wissen um ein geistige Auseinandersetzung, ob zwischen militärischem Männer-Sonnenkult oder philosphischer Vernunft-Vergottung der Stoa bzw. des Hermeskultes nicht vielmehr dazu führen, zu fragen, welche Bedeutung die geschichtlich immer deutlicher werdende anfängliche Auseinandersetzung "Jesus Christus" beimaß, was der Mehrwert des Christentums im Geschichtsverlauf war?

Gerhard
 
Zuletzt bearbeitet:
Sollte daher das wachsende Wissen um ein geistige Auseinandersetzung, ob zwischen militärischem Männer-Sonnenkult oder philosphischer Vernunft-Vergottung der Stoa bzw. des Hermeskultes nicht vielmehr dazu führen, zu fragen, welche Bedeutung die geschichtlich immer deutlicher werdende anfängliche Auseinandersetzung "Christus" beimaß, was der Mehrwert des Christentums im Geschichtsverlauf war?

Solche Werte (und Mehrwerte) wären Definitionen aus heutiger Sicht, und somit für eine historische Betrachtung sinnlos und sogar schädlich. Religionswissenschaft und Philosophiegeschichte beschäftigen sich seit ein paar Jahrzehnten wieder intensiver mit der Gnosis und dem "Amt" des Propheten, wie es Flavius Josephus beschreibt; solche Diskussionen sind hier statthaft und angemessen – "Wertungen" braucht niemand.
 
Sollte daher das wachsende Wissen um ein geistige Auseinandersetzung, ob zwischen militärischem Männer-Sonnenkult oder philosphischer Vernunft-Vergottung der Stoa bzw. des Hermeskultes nicht vielmehr dazu führen, zu fragen, welche Bedeutung die geschichtlich immer deutlicher werdende anfängliche Auseinandersetzung "Jesus Christus" beimaß, was der Mehrwert des Christentums im Geschichtsverlauf war?
Zur Zeit laufen mehrere Threads mit religionsgeschichtlichen Themen und manche werden nicht zu Ende diskutiert, was ich schade finde.
Leider finde ich den Thread von dir @Gerhard Mentzel nicht, in dem es vordergründig um das Konzil von Nicea ging.
Für mich ist am Thema frühes Christentum interessant, ob es möglich ist, mehr über den religiösen Zeitgeist und die geistige Atmosphäre um die Zeitenwende zu erfahren.
Der Mithraskult und die griechische Philosophie, die ihrerseits bereits eine Auseinandersetzung mit dem griechichen Götterpantheon gewesen sein könnte, sind doch nicht die einzigen Aspekte, die das Christentum beeinflußten.
Mit Beeinflussen möchte ich keineswegs die eigenen Werte des Christentums in Abrede stellen.

Religion verändert sich mE immer, in manchen Phasen, dazu würde ich die Jahrhunderte um die Zeitenwende zählen, allerdings schneller, fast revolutionär.
Trotzdem können vorhergehende Glaubenspraktiken nicht einfach ausgelöscht werden, so frei denken kann niemand. (Beim Echnaton-Thema gab es dieses Freidenker-Definitionsproblem)
 
Was gar nicht angesprochen wurde, ist die Tatsache, dass Ähnlichkeit nicht Abhängigkeit beweist. Die Sonne hat in allen Kulturen eine besondere Bedeutung. Sie ist auch sehr oft mit einer religiösen Dimension belegt. Deshalb haben sie noch lange nicht alle voneinander abgeschrieben. Es gibt auch im religiösen Bereich so etwas wie Archetypen, die ubiquitär auftreten. Die Gebetshaltungen z.B. sind ubiquitär.

Selbstverständlich werden vorhandene religiöse Symbole übernommen. Das dient der Verständigung. Hier wurde ja in Bezug auf die Definition des "Freidenkers" darauf hingewiesen, dass man einen allgemeinverständlichen Begriff für die Kommunikation benötigt. So ist es auch in der Religion. Man verwendet bereits vorhandene bekannte Elemente und füllt sie mit eigenem ähnlichen, aber doch abweichenden Inhalt, den man dann erklärt, um sich den Mitmenschen verständlich zu machen. Auch das Christentum konnte nicht anders, als bereits vorhandene griechische Vokabeln für seine Botschaft zu verwenden. Und die griechische Philosophie hat weit größeren Einfluss auf das Christentum gehabt, als römische Mysterienkulte. Es lässt sich nicht zeigen, dass Paulus über die Myterien des Mithras Bescheid wusste. Hauptgegner war nicht Mithras, sondern die Gnosis, gegen die sich die ganze überlieferte Polemik der Kirchenväter richtet. Dass sie sich gegen den Mithraskult gewandt hätten, habe ich bislang nicht gefunden.

Die gesamte Christologie wäre ohne griechische Philosophie gar nicht zu entwickeln gewesen. Die Bischöfe auf dem Konzil zu Nicäa waren in griechischer Philosophie absolut sattelfest. Dass atheistische Journalisten lieber auf römische Kulte verweisen, hängt für mich damit zusammen, dass diese leichter ohne genauere Kenntnis schlagwortartig einsetzbar sind, während man bei der griechischen Philosophie doch mehr lesen muss und deren Gedankengänge sich trivialen Schlagworten weitgehend entziehen.

Die immer wieder ins Feld geführte Leib- und Sexualfeindlichkeit des Christentums scheint mir z.B. im Wesentlichen aus der Konkurrenz zur Stoa und den Kynikern, die man an "Reinheit", die unter den Gebildeten höchstes Ansehen genoss, übertreffen wollte, entstanden zu sein. Das kann man an der frühen Diskussion darüber, ob das Eheleben nicht doch nur die zweitbeste Lebensform sei, sehr gut ablesen. Auch das Leib-Seele-Problem und die Transubstantiation bei der Eucharistie wurden mit platonischer Begrifflichkeit abgearbeitet. Was in der Spätantike für die Anerkennung und Verbreitung des Christentum nützlich und notwedig war, erweist sich nun als Hemmschuh bei der Mission in Asien.
 
Solche Werte (und Mehrwerte) wären Definitionen aus heutiger Sicht, und somit für eine historische Betrachtung sinnlos und sogar schädlich. Religionswissenschaft und Philosophiegeschichte beschäftigen sich seit ein paar Jahrzehnten wieder intensiver mit der Gnosis und dem "Amt" des Propheten, wie es Flavius Josephus beschreibt; solche Diskussionen sind hier statthaft und angemessen – "Wertungen" braucht niemand.

Mir geht es nicht um Wertungen, sondern die glaubensunvoreingenommene Auswertung des geschichtlichen Wissens, beispielsweise hier, was die Konkurrenz der verschiedenen Kultformen in geschichtlicher Realtiät betrifft.

Was spricht dann aufgrund dieses Wissens gegen ein aufgeklärtes Bild der ursprünglichen Glaubens-Wirklichkeit, ist das eine Wertung?
 
Es gibt auch im religiösen Bereich so etwas wie Archetypen, die ubiquitär auftreten. Die Gebetshaltungen z.B. sind ubiquitär.
Gebetshaltungen sind Demuts- und Bittgesten. Wären diese religiösen Archetypen ein Thema wert?


Die immer wieder ins Feld geführte Leib- und Sexualfeindlichkeit des Christentums scheint mir z.B. im Wesentlichen aus der Konkurrenz zur Stoa und den Kynikern, die man an "Reinheit", die unter den Gebildeten höchstes Ansehen genoss, übertreffen wollte, entstanden zu sein. Das kann man an der frühen Diskussion darüber, ob das Eheleben nicht doch nur die zweitbeste Lebensform sei, sehr gut ablesen. Auch das Leib-Seele-Problem und die Transubstantiation bei der Eucharistie wurden mit platonischer Begrifflichkeit abgearbeitet. Was in der Spätantike für die Anerkennung und Verbreitung des Christentum nützlich und notwedig war, erweist sich nun als Hemmschuh bei der Mission in Asien.

Ich schätze dein Wissen zur Geschichte des Christentums.
Könntest du die Konkurrenz zur Stoa bei der Leib- und Sexualfeindlichkeit näher ausführen und die Wertschätzung der Reinheit bei den Gebildeten.
Ist Reinheit durch Askese gemeint?
Meine Kenntnisse der griechischen Philosophie sind leider nur rudimentär.
Und wie ist der Hemmschuh bei der Mission in Asien zu verstehen?
 
Was gar nicht angesprochen wurde, ist die Tatsache, dass Ähnlichkeit nicht Abhängigkeit beweist.
Ja richtig, man muss in allem schon genau hingucken!

Die Gebetshaltungen z.B. sind ubiquitär.
Ja, aber nur, wenn alles in einen Topf wirft. ;)
Vgl. z. B. http://www.mausoma.de/methoden/werkstatt/gebetshaltungen.pdf.

... Polemik der Kirchenväter ... Dass sie sich gegen den Mithraskult gewandt hätten, habe ich bislang nicht gefunden.
Ich verweise der Einfachheit halber auf Mircea Eliade, Geschichte der religiösen Ideen: Tertullian schrieb, dass einige der mithrischen Kulthandlungen vom Satan inspiriert wären (Bd. 2, S. 278), und so wie er sah auch Justin "in den Mysterien" der Konkurrenz "eine diabolische Nachahmung der Eucharistie" (S. 281).

Die Bischöfe auf dem Konzil zu Nicäa waren in griechischer Philosophie absolut sattelfest.
Zu den Zweifeln daran --> http://www.geschichtsforum.de/f30/konzil-von-nic-3643/index2.html.

Zur Leib- und Sexualfeindlichkeit: ein weeeeiiiiiites Feld - gibt es dazu auch Vergleichsansätze zwischen Mithras und Christus? (Bei der Transsubstantiation gibt es sie sicherlich.)
 
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Ja, aber nur, wenn alles in einen Topf wirft. ;)
Vgl. z. B. http://www.mausoma.de/methoden/werkstatt/gebetshaltungen.pdf.
Nee, nicht in einen Topf, aber die Bilderreihe zeigt, dass es ganz wenige sind: gefaltete Hände, Niederknien, auch ausgebreitete Arme mit der Handfläche nach oben. (Der abgebildete Lotussitz ist eine Meditationshaltung. Dabei kann man zwar beten, aber das kann ich auch aufm Klo. Dadurch wird das dort Hocken aber nicht zur Gebetshaltung).
Ich verweise der Einfachheit halber auf Mircea Eliade, Geschichte der religiösen Ideen: Tertullian schrieb, dass einige der mithrischen Kulthandlungen vom Satan inspiriert wären (Bd. 2, S. 278), und so wie er sah auch Justin "in den Mysterien" der Konkurrenz "eine diabolische Nachahmung der Eucharistie" (S. 281).
Jau, tatsächlich - aber wenig im Vergleich zur antignostischen Polemik.

Da habe ich keine Zweifel an der philosophischen Bildung gefunden, sondern nur die Unterstellung politischer Motive für das Ergebnis. Aber welches Ergebnis auch immer angestrebt wurde - es wurde in den Kategorien griechischer Philosophie formuliert. Instruktiver ist dort #41
Zur Leib- und Sexualfeindlichkeit: ein weeeeiiiiiites Feld - gibt es dazu auch Vergleichsansätze zwischen Mithras und Christus? (Bei der Transsubstantiation gibt es sie sicherlich.)
Keine Ahnung, ich sprach ja von griechischen philosophischen Richtungen. Da gab es manche Schulen, die die Ehe als "Fleischeslust" ablehnten. Die Extremasketen (Säulensteher usw) waren ja im dortigen Kulturraum zu Hause. Für Einzelheiten müsste ich meine Bücher flöhen. Muss aber vorher die über Fernleihe erhaltene Biographie von Wergeland lesen, bevor die Frist abläuft.

Was die Transsubstantiation angeht: Ich glaube nicht, dass im Mithraskult über den Unterschied "Das ist mein Leib" und "Das bedeutet mein Leib" nachgedacht wurde. Da spielte das platonische Begriffspaar "Substanz" und "Form" die entscheidende Rolle. Die Substanz ändere sich, die Form bleibe erhalten - eben die Oblate. Ohne diese Begriffsbildung aus der griechischen Philosophie hätte die Transsubstantiation überhaubt nicht begrifflich bewältigt werden können.
 
Zuletzt bearbeitet:
I Das Christentum, wie wir es heute kennen, ist ein Mischmasch aus dem Mithraskult bzw. dem Kult des sol invictus, und verschiedenen anderen antiken Kulten, so vor allem dem der magna mater, unter Ausschluss des Judentums.

Eine höchst interessante und diskussiondwürdige Behauptung, finde ich. Was ist Wahres daran?

Zunächst: Beide Religionen, Mithraskult und Christentum, kamen aus dem Orient und verdankten ihren Aufstieg sowohl der einheitlichen römischen Reichsstruktur als auch dem moralischen Chaos im römischen Imperium. Die Ausbreitung von Christentum und Mithraskult vollzog sich mit großer Geschwindigkeit und schon Ende des 2. Jh. gab es Anhänger beider Religionen in allen Teilen des Reichs.

Ähnlich waren sich Mithraskult und Christentum darin, dass sie ihre Anhänger anfangs vor allem in den unteren Gesellschaftsschichten fanden, sie sich eher an das Volk als an die Intellektuellen wandten und dabei mehr die Emotion als an den Intellekt ansprachen.

Auch im liturgischen Ritual gab es unübersehbare Gemeinsamkeiten. So z.B. die Taufe, durch die sich sowohl Mithrasjünger als auch Christen rituell reinigten, eine Firmung, die das Böse fernhalten sollte, und eine Kommunion, welche Körper und Seele Glück und Segen bringen sollte.

Beide Religionen hielten den Sonntag heilig und feierten die Geburt der Sonne am 25. Dezember, d.h. an jenem Tag, an dem die Christen spätestens seit dem 4. Jh. Weihnacht feierten.

Ähnlich waren auch die Moralvorstellungen beider Religionen, die Verzicht auf Ausschweifungen, sexuelle Enthaltsamkeit und Disziplin im täglichen Leben für verdienstvoll hielten. Ferner glaubten beide Religionen an einen überirdischen Himmel, den Glückselige bevölkerten, und an eine tiefe Hölle, in der Dämonen hausten.

Ein ganz wichtiger Aspekt, der Christentum und Mithraskult miteinander verband, war schließlich die Unsterblichkeit der Seele, die Auferstehung der Toten und ein Jüngstes Gericht, das gute und böse Taten gegeneinander aufwog. Sowohl Christus als auch Mithras galten als Mittler zwischen Gott und den Menschen.

Der bereits zitierte Mithras-Spezialist Franz Cumont sagt dazu:

Die Ähnlichkeit zwischen den beiden Religionen war so groß, dass sie im Altertum selbst allgemein auffiel. Seit dem 2. Jh. zogen die griechischen Philosophen zwischen den persischen Mysterien und dem Christentum eine Parallele, die natürlich zum Vorteil der ersteren ausfiel. Die Apologeten betonen ihrerseits ebenfalls die Analogien zwischen den beiden rivalisierenden Religionen und erklären sie durch satanische Nachäffung der heiligsten Riten ihres Glaubens.

Wären uns die polemischen Schriften der Mithriasten erhalten geblieben, so würden wir ohne Zweifel gewahren, dass sie denselben Vorwurf gegen ihre Gegner schleuderten.

(Franz Cumont, Die Mysterien des Mithra, Darmstadt 1975, S. 183, Wissenschaftliche Buchgeselschaft)

Woher die Ähnlichkeiten zwischen beiden Religionen kamen, lässt sich nach Cumont heute nicht mehr eindeutig entscheiden:

Wir dürfen heute nicht mehr daran denken, eine Frage zu entscheiden, deren Beantwortung schon die Zeitgenossen in zwei feindliche Lager trennte, und die zweifellos niemals gelöst werden wird. Wir kennen die Dogmen und die Liturgie des römischen Mazdaismus und ebenso die Geschichte des Urchristentums zu ungenügend, um beurteilen zu können, unter welchen wechselseitigen Einflüssen ihre gleichzeitige Entwicklung sich vollzogen hat.

Überdies setzt Ähnlichkeit nicht unbedingt Nachahmung voraus. Viele Übereionstimmungen zwischen der mithrischen Lehre und dem katholischen Glauben erklären sich aus ihrem gemeinsamen orientalischen Ursprung.

Gewisse Ideen, gewisse Zeremonien müssen trotzdem aus dem einen Kultus in den anderen verpflanzt sein, aber meist mutmaßen wir diese Anleihen mehr, als dass wir sie deutlich bemerken.

(Franz Cumont, a.a.O., S. 183 f.)
 
Die Ausbreitung von Christentum und Mithraskult vollzog sich mit großer Geschwindigkeit und schon Ende des 2. Jh. gab es Anhänger beider Religionen in allen Teilen des Reichs.

Vielen Dank für die gute Zusammenstellung!

Zum zitierten Satz noch die Vermutung, dass die Verbreitung in den Reichsteilen sich zwar überall, doch ungleichmäßig vollzog: In den einen Gebieten waren die Christus- gegenüber den Mithras-Anhängern deutlich in der Mehrheit, in anderen Gebieten war es umgekehrt. Könnte das eine Erklärung für die Tatsache sein, dass scharfe Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern "an der Basis" lange Zeit weitgehend ausblieben, weil die Mehrheit jeweils die Minderheit duldete oder beide vielleicht gar nicht sehr in Berührung kamen?

Was die "Träger" der Ausbreitung betrifft, scheint die ausschlaggebende Rolle der Soldaten beim Mithraskult klar. Beim Christentum waren es möglicherweise zuerst Zivilisten (Reisende, insb. Kaufleute), später sicher auch Soldaten.
 
Mithras und Christus

Ich glaube, dass in den spärlicher bewohnten Gebieten, der Mithraskult sich länger hielt, da nur in der Umgebung von klösterlichen Zentren, die "Schäflein bei der Herde" blieben. So sah sich beispielsweise Bischof Adventius von Metz genötigt 871 das Kloster Neumünster (Ottweiler - Saar) zu gründen, da er auf einer Inspektionsreise 869 feststellen musste, dass hier noch "viel heidnisches Unwesen getrieben" wurde.
Dem Mithraskult konnte heimlich noch weiter gehuldigt werden, der offizielle christliche Aspekt unterstützte und störte nicht. Der Kult wurde mit der Zeit vom Christentum "aufgesogen". Einziges "harmloses" Relikt des Mithraskultes sind in unserer Zeit die Gartenzwerge, deren roten Zipfelmützen noch die Kopfbedeckung des Mithras symbolisiert. (Das Wort Mithra steckt auch noch in der Bezeichnung für die Kopfbedeckung hoher geistlicher katholischer Würdenträger).


Der Unterschied zwischen Freiheit und Freiheiten ist so groß als zwischen Gott und Göttern (Ludwig Börne)

Gruß Ri:grübel:
 
Mitra war bei den Persern ein Gott. Und ich glaube nicht das die Mitras-Anhänger im Römischen Reich ihren Sol Invictus als Menschen sahen, also kann er wohl kaum als historischen Menschen aufgefasst werden.
 
Mitra war bei den Persern ein Gott.

Mithras gilt als eine Götterfigur, die von einem allmächtigen Gottvater ausgesandt wurde, um die Welt und die Menschen zu retten.

Insofern gibt es hier und auch an anderen Stellen des Mithras-Kults eine ganze Reihe von Berührungspunkten mit dem Christentum, wie ich das weiter oben in meinem Beitrag Nr. 45 dargestellt habe.
 
Mitra war bei den Persern ein Gott. Und ich glaube nicht das die Mitras-Anhänger im Römischen Reich ihren Sol Invictus als Menschen sahen, also kann er wohl kaum als historischen Menschen aufgefasst werden.

bei den Persern war Mithras sehr wohl personifiziert, siehe hier

Der römische Mitras stammt vom persischen Mithras ab, siehe den Link hier

Ein weiterer, interessanter Link findet sich hier
 
Danke megatrend, für die Links,

je mehr dort deutlich wird, wo Mithras seinen Ursprünge hat, damals gedacht, philosophisch begründet wurde und wie eine kultisch-kosmische Persönlichkeit, die ganz selbstversändlich in menschlicher Form personifiziert wurde (sicher ohne dass man davon ausging, dass es sich um einen historischen Menschen bzw. Zweibeiner handelt), in Konkurrenz zu Jesus Christus stand, desto mehr muss doch die Frage erlaubt sein, ob die Geschichtsvorstellung, die alle Welt nach wie vor von diesem hat bzw. glaubt, noch haltbar ist.

Lässt es sich bei dem, was wir u. a. von den Konkurrenzpersönlichkeiten bzw. dem geistesgeschichtlichen Kontext, z.B. griechischen Denken wissen, weiterhin annehmen, dass es den Verfassern der hochtheologisch-philosophischen christlichen Glaubenstexte bzw. in der Diskussion der Frühkirche um einen zum Gottessohn erhobenen besonderen Gutmenschen, Reformer... (für Gläubige einen historischen Menschen als Gott) ging? Ist das Geschichtswesen noch haltbar, das wir wie selbstverständlich als historischen Jesus vor Augen haben, von dem nach wie vor der gesamte theologische Lehrbetrieb, alle Auslegungen und alle Kritiker ausgehen? (Was dann die auf diesen gründenden Bedeutungsaussagen absurd erscheinen lässt.)

Zwingt das Wissen um den geistigen Kontext nicht dazu, statt den historischen Jesus weiter im Vernunftkurz-schluss zu einem Humanapostel, Heilsprediger... zu verkürzen, neben den ein geheimnisvoll-mystisches Gotteswesen gestellt wird, danach zu fragen, wie der Logos der griechischen Vernunft-Lehre ausgesehen hat, warum die in der Stoa vergottete "schöpferischen Vernunft", die Logik der Weltentstehung als Offenbarung verstanden und ihr vernünftigerweise ein menschliches Gesicht gegeben werden musste?

Wäre es Angesichts des Wissens um Mithras & Co. nicht angebracht, in aufgeklärter Weise auch über das Wesen nachzudenken, dessen menschliche Abbildung - im Gegensatz zu Mithras - zur Zeitenwende ganz und gar nicht selbstverständlich war, sondern sich erst im Laufe der Jahrhunderte herausbildete? (Möglicherweise, um so nicht nur den altjüdischen Vorstellungen von menschlichen Glaubensmittlern und messianischen Hoffnungsträgern gerecht zu werden, sondern auch der heidnisch-mystischen Konkurrenz von menschlichen Göttergestalten.)

Ich hoffe, dass dies nicht wieder als Glaubensmission oder gar Angriff auf den persönlichen Glauben, sondern als Denkanstoß verstanden wird, Geschichtswissen auszuwerten.

Gerhard
 
@ Gerhard Menzel.
Außer der kurzen Erwähnung bei Josephus Flavius kenne ich keine außerchristlichen geschichtlichen Quellen. Auch in den Akten des Sanhedrin wird kein Prozess gegen einen Rabbi Jeshua aus der entsprechenden Zeit (lt. Ruth Lapide) erwähnt, der wegen Gotteslästerung angeklagt gewesen wäre.
Das heißt nicht - wie man bei oberflächlicher Betrachtung annehmen möchte - dass es diesen Mann nicht als historische Persönlichkeit gegeben hat. Es wäre nicht der erste Akt des Auslöschens von Namen aus der Geschichte, aus welchen Gründen auch immer (ein Beispiel Hatschepsut).
Wir wissen nicht, was noch an Akten und Schriftstücken im Wüstensand Ägyptens schlummert oder im Boden und den Felsenhöhlen des übrigen vorderen Orients auf Entdeckung wartet. Wir wissen auch nicht, welche wichtigen Entdeckungen in Safes zahlungspotenter Käufer verschwunden oder aus Geldgier, irgendwo unsachgemäß gelagert, vergammelt ist (Beispiel Judasevangelium).
So gesehen, ist die historische Person des Jesus, bei unvoreingenommer ("vernünftiger") Betrachtung, weder zu verifizieren, aber auch nicht zu leugnen. Dadurch ermöglicht jeder philosophische Ansatz zwar interessante Diskussionen, bleibt aber hypothetisch und bringt uns letztlich der Wahrheit nicht näher. :fs:
 
@ Gerhard Menzel.
Außer der kurzen Erwähnung bei Josephus Flavius kenne ich keine außerchristlichen geschichtlichen Quellen. Auch in den Akten des Sanhedrin wird kein Prozess gegen einen Rabbi Jeshua aus der entsprechenden Zeit (lt. Ruth Lapide) erwähnt, der wegen Gotteslästerung angeklagt gewesen wäre.
Das heißt nicht - wie man bei oberflächlicher Betrachtung annehmen möchte - dass es diesen Mann nicht als historische Persönlichkeit gegeben hat. Es wäre nicht der erste Akt des Auslöschens von Namen aus der Geschichte, aus welchen Gründen auch immer (ein Beispiel Hatschepsut).
Wir wissen nicht, was noch an Akten und Schriftstücken im Wüstensand Ägyptens schlummert oder im Boden und den Felsenhöhlen des übrigen vorderen Orients auf Entdeckung wartet. Wir wissen auch nicht, welche wichtigen Entdeckungen in Safes zahlungspotenter Käufer verschwunden oder aus Geldgier, irgendwo unsachgemäß gelagert, vergammelt ist (Beispiel Judasevangelium).
So gesehen, ist die historische Person des Jesus, bei unvoreingenommer ("vernünftiger") Betrachtung, weder zu verifizieren, aber auch nicht zu leugnen. Dadurch ermöglicht jeder philosophische Ansatz zwar interessante Diskussionen, bleibt aber hypothetisch und bringt uns letztlich der Wahrheit nicht näher. :fs:

Wir haben extra einen Thread der sich mit dem Thema befasst: http://www.geschichtsforum.de/f30/historizit-t-jesu-von-nazareth-16041/

Wenn man die historische Existenz von Jesus von Nazareth bezweifelt, müsste man gut und gerne die Existenz von 80% und mehr aller historischen Persönlichkeiten bezweifeln, da deren nicht besser belegt ist, vgl. Alexander der Große.
Aber lies dir den anderen Thread durch. Ist recht interessant :)
 
Wenn man die historische Existenz von Jesus von Nazareth bezweifelt, müsste man gut und gerne die Existenz von 80% und mehr aller historischen Persönlichkeiten bezweifeln, da deren nicht besser belegt ist, vgl. Alexander der Große.

Vor allem muss man bei dieser Diskussion Fragen des Glaubens und der Wissenschaft strikt auseinanderhalten, was bedeutet, mit Fragen der Historizität Jesu, christlichen Glaubenssätzen und der Herkunft liturgischer Praktiken sensibel umzugehen. :respekt:

So erwarten das in diesem Forum Buddhisten, Moslems, Christen, Juden und User aller möglichen Glaubensrichtungen.
 
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