Mir ist nicht ganz klar, wo Deine Verständnisprobleme liegen, falls ich also an Deinen Fragen vorbeiargumentiere, bitte ich um Entschuldigung.Würdest Du bitte die im Aufsatz zitierte Korrelation der "genetic and Linguistik distances" noch einmal inhaltlich interpretieren und erläutern?
Genetik: Zunächst wurde die genetische Varianz aller getesteten Individuen ermittelt. Sie betrug 68% bei den Männern, und 84% bei den Frauen. Innerhalb jeder geographischen Gruppe (W,N,S,O, Zentr.-Afrika) lag sie bei yDNA im Schnitt bei 26%, bei der mtDNA bei 12% - Männer waren also historisch sehr viel stärker interregional mobil als Frauen. Innerhalb jeder linguistischen Gruppe betrug die Diversität nur noch 16,6% für yDNA, d.h. die männliche genetische Homogenität innerhalb linguistischer Gruppen ist sehr viel höher als innerhalb geographischer Regionen. Bei mtDNA steigt dagegen die Diversität innerhalb linguistischer Gruppen leicht im Vergleich zu geographischen Gruppen an.
Konkret heisst das für yDNA (Hervorhebungen durch mich):
Kurzfassung und Erläuterung: Die archaischen ("Ur-homo sapiens") Haplogruppen A und B dominieren bei Khoisan-Sprechern (A) und Pygmäen (B). E1b1a (E-V38, in der Studie noch bezeichnet als "E-P1*") korrespondiert stark mit der Verbreitung der Niger-Kongo-Sprachen (Verbreitungskarte von E-V38 mit neueren Daten angehängt), die Unterklade E-M191 ist insbesondere bei Bantu-Sprechern typisch. Über E1b1b (E-M215) als afroasiatischer, insbesondere Berber/ Kuschiten Marker hatte ich ja schon weiter oben ausführlich geschrieben, ergänzend dazu die vermutete Wanderungskarte im Anhang. Haplogruppe J hat zwar die höchste Konzentration im Ostkaukasus (92% bei Inguschen), gilt aber generell als semitischer Marker (einschl. Ashkenazi), und wird aufgrund des vermuteten ostanatolischen Ursprungs teilweise auch mit der neolithischen Expansion in Verbindung gebracht. Das afrikanische "Epizentrum" liegt im Sudan, mit Fortsetzung ins amharische Sprachgebiet sowie angrenzenden omotischen Sprachen.The vast majority of these lineages (98.1%) belong to five major haplogroups: A (7.1%), B (10.2%), E (70.2%), J (5.4%), and R (5.2%). Haplogroup A is closest to the root of the tree and is found most frequently in the Khoisan, particularly the A2 and A3b1 lineages (47.7%). Haplogroup B chromosomes are most frequently observed in Pygmies (48.9%), with B2a* and B2b* being nearly exclusive to this group. Haplogroup E is overwhelmingly the most common in this study. Over half of the individuals in our study (51%) are members of the subclade E3a, which is defined by the P1 mutation. Niger-Congo speakers have the highest frequency of E-P1* chromosomes (40.7%) and the largest proportion of E-M191 chromosomes (27.5%), particularly in Bantu speakers (31.5%). The E3b1 (E-M78) lineage is most frequent in Afroasiatics (22.5%). In this study, haplogroup J is concentrated in Afroasiatics (19.5%). While African haplogroup R chromosomes are generally quite rare, R-P25* chromosomes are found at remarkably high frequencies in northern Cameroon (60.7–94.7%). The remaining haplogroups (K, F*, I, and G) account for only 1.9% of the individuals in our data set.
Ethio Helix ???:????: Analyzing YDNA J lineages in Ethiopian linguistic groups
Korrelationsanalysen: Für die untersuchten 40 (y-DNA) bzw. 39 (mtDNA) Populationen wurden Matzitzen der jeweiligen paarweisen Differenz gebildet (also: Wolof zu Mandinka, Wolof zu Amhara, Mandinka zu Amhara, etc.)
- genetisch (Anzahl der trennenden Mutationen, wenn ich richtig verstehe),
- geographisch (Luftlinie, ohne weitere Berücksichtigung topographischer Barrieren - da aber die großen Seen und der kong. Regenwald in der Populationsauswahl weitgehend umgegangen wurden, ist dies wohl unkritisch)
- Linguistisch, nach vier verschiedenen Methoden, u.a. selbst erstellter Sprachstammbaum mit Berücksichtigung vermuteter Zeiten der Sprachabspaltung, daneben ein der Fachliteratur entnommener Sprachstammbaum, und simplifizierte Versionen ohne Zeitberücksichtigung, die die ling.Distanz lediglich auf Basis der Position in den Sprachstammbäumen messen. Lt. Text ergeben sich für alle vier Versionen weitgehend die gleichen Resultate.
Das eigenerstellte linguistische Modell stammte von Christopher Ehret - dem "Papst" für Nilo-saharische und Khoisan-Sprachen. Der Studienanhang mit Kurzdarstellung ist inzwischen offline, aber allzuweit dürfte das Modell nicht von Ehrets sonstigen (absolut lesenswerten) Publikationen abgewichen haben:
https://books.google.de/books?id=0K...v=onepage&q=Christopher Ehret Khoisan&f=false
Ohne die Bantu-Populationen verschwindet die genetisch-linguistische Korrelation bei der yDNA. Wenn zusätzlich auch noch vier Populationen aus Nordkamerun, die stark durch die eurasische yDNA Haplogruppe R1b geprägt sind, aus der Betrachtung genommen wird, erscheint eine statistisch signifikante Korrelation zwischen genetischer und geographischer Distanz. Bei der mtDNA führt die Elimination der Bantu-Populationen zu einem leichten Anstieg der linguistischen, und zu einem starken Anstieg der geographischen Korrelation. Schliesslich wurde innerhalb jeder Region die genetische Diversität einschliesslich, und ohne Bantu-Völker gemessen:
Schlussfolgerungen:Unlike the case for any other language family, the removal of Bantu populations results in a higher Y chromosome CT (0.28) than when they are included (0.06). This supports the hypothesis that Bantu Y chromosomes (eg E-P1*, E-M191) are acting to homogenize geographically differentiated populations. A similar analysis of mtDNA results in slightly higher CT value when the Bantu populations are excluded (0.07 versus 0.04).
- Ohne Bantu und nordkamerunische, genetisch stark eurasisch gefärbte Völker lassen sich 27% der yDNA-Unterschiede zwischen jeweils zwei afrikanischen Völkern auf ihre geographische Distanz zurückführen. Bei der mtDNA sind es über 35%.
Linguistische Distanz spielt für die yDNA keine signifikante Rolle, erklärt aber 25% der mtDNA genetischen Distanz.
Das dominierende Muster ist also Matrilokalität, mit starker "Einheiratung" über linguistische Grenzen hinweg, aber Weitergabe der mütterlichen Sprache. - Unter Einschluss von Bantu und nordkamerunischen Völkern verkehrt sich das Bild. Jetzt erklärt linguistische Distanz 33% der y-DNA Variation, geographische Distanz wird insignifikant. Gleichzeitig sinkt die innerregionale genetische Varianz stark - Bantu-Männer haben also vomals geographisch differenzierte Populationen homogenisiert, was wohl auch die deutlich geringere afrikaweite Varianz der y-DNA im Vergleich zur mtDNA erklärt.
Der Effekt zeigt sich, allerdings in deutlich gemindertem Ausmass, auch bei der mtDNA, die nun nur noch zu jeweils etwa 17% durch geographische und linguistische Distanz erklärbar ist.
D.h., auch die Bantu haben vielfach von aussen eingeheiratet, jedoch diese Frauen häufig auf ihre Wanderung mitgenommen, und generell die väterliche Sprache gemeinsam mit den väterlichen Genen weitergegeben.
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